John Sinclair Nr. 1685: Angriff der Racheengel

John Sinclair Nr. 1685: Angriff der Racheengel


Die Schlacht tobte bereits seit Stunden und niemand wusste, wann sie ihr Ende finden würde. Dieser Krieg war die reine Hölle. Der Balkan brannte. Da schien jeder gegen jeden zu kämpfen und oft verschwammen die Grenzen zwischen Freund und Feind. Das wusste auch Goran Bilic, aber er konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob er die nächste halbe Stunde überleben würde. Zu nahe war der Feind herangekommen …


von Jason Dark, erschienen am 26.10.2010, Titelbild: Okon
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Eigentlich wollen John Sinclair und Suko nur die Kiste mit den Waffen vom Friedhof abholen, als zwei Männer die Scotland-Yard-Beamten ausschalten und mit der heißen Ware verschwinden. Als John und Suko aus ihrer Ohnmacht erwachen, treffen sie auf den Engel Barbelo, der ihnen erklärt, dass er der Schutzengel eines der beiden Männer ist, die sie ausgeschaltet haben. Sie kennen lediglich den Vornamen Goran, doch ein Spezialist von Scotland Yard gibt ihnen dennoch einen guten Tipp. Es gibt tatsächlich einen Waffenhändler namens Goran Bilic, der vor Jahren aus dem Balkan nach London kam. Früher hat er als Söldner im Krieg gekämpft, jetzt hält er sich mit illegalem Waffenhandel über Wasser. John und Suko statten Goran einen Besuch in seiner Behausung ab. Doch Bilic ist nicht allein, und Barbelo ist eine mächtige Gegnerin …


Meinung:
Eine solche Steigerung hätte man der Geschichte, nach dem Desaster des Vorgängerromans, gar nicht zugetraut. Obwohl es auch dieses Mal sowohl Licht, als auch Schatten gibt. Allerdings liegt dabei auch viel im Auge des Betrachters und ist abhängig von den Erwartungen, die man an den Roman stellt. Wer sich erhofft John und Suko würden in einem Krisengebiet Racheengel jagen, der wird schnell eines Besseren belehrt, denn der anfängliche Kriegsschauplatz liegt in der Vergangenheit und bildet den Hintergrund für die Vorgeschichte. Dafür knüpft die Handlung in der Gegenwart nahtlos an den Vorgängerroman an und liefert zumindest eine annähernd schlüssige Erklärung dafür, dass auf einem Londoner Friedhof eine Kiste mit Handgranaten und Pistolen herumsteht. Leider zieht John Sinclair selbst keinerlei Parallelen zu Band 1645, wo er eine ähnliche Entdeckung machte, die ihm letztendlich den Sieg über Dracula II einbrachte. Davon unabhängig liefert Jason Dark eine packende und rasante Story ab, die alles hat (oder eben nicht hat), um ein überzeugender JOHN SINCLAIR-Roman zu werden. Der Autor vermeidet unglaubwürdige Charaktere a la Carlotte, das Vogelmädchen, und lässt auch Kinder und Frauen aus dem Spiel, die in seiner Welt eine Art Narrenschutz genießen, was der Dramaturgie nicht gerade zuträglich ist. Außerdem geht es um dämonische Engel aus der Hölle, und dieses Thema liegt Jason Dark mindestens ebenso gut, wie die Vampire. Da es um Waffenhändler und Terroristen geht ist auch der Bodycount entsprechend hoch, was wiederum für jede Menge Action spricht, die wohldosiert eingesetzt wird. Natürlich gibt es auch Gespräche, die sich allerdings nur selten im Kreis drehen. Eigentlich nur, wenn es um die leidige Frage geht, ob es sich bei Barbelo um eine Frau oder einen Mann handelt. Hellhörig wird der Stammleser bei dem Namen Lilith, in deren Dunstkreis Barbelo sich angeblich bewegt. Andeutungen über vier Engel der Hurerei, die Lilith um sich versammelt habe und eine Neuordnung der Hölle lassen die Hoffnung aufkeimen, dass es in absehbarer Zeit zu einem neuen Roten Faden kommt, in dessen Verlauf auch Lilith und Matthias eine größere Rolle spielen könnten. Letzterer wird übrigens von Suko erwähnt, der auch die Sprache auf Raniel bringt. Und schließlich wäre da noch das Finale, das Jason Dark dieses Mal glänzend gelungen ist und man kann sogar richtig mit den Helden mitfiebern. Eigentlich gibt es nur zwei kleine Schönheitsfehler. Das wäre zum einen der teilweise holprige Schreibstil, mit seinem verdrehten Satzbau. Um den zu korrigieren ist jedoch eigentlich ein Lektor zuständig, den sich der Verlag offensichtlich für die Heftromanserie spart. Zum anderen ist der Titel ziemlich irreführend, denn der "Angriff der Racheengel" impliziert, dass es sich um mehrere Engel handelt, und wofür sollte sich Barbelo eigentlich rächen? Glücklicherweise vermeidet es der Autor dieses Mal den Titel an jeder passenden und unpassenden Stelle in den Text einzubringen. Bleibt zu hoffen, dass es bald mit Lilith und ihrer Streitmacht weitergeht. Gerade hier schlummert in Verbindung mit Matthias, Metatron und Raniel ein enormes Potenzial.
Fazit: Guter Sinclair-Roman, der ohne Weiteres zu den Highlights diesen Jahres gezählt werden kann. Die interessante und temporeiche Handlung lassen die stilistischen Schwächen leicht verschmerzen.


Besonderheiten:
Erster Auftritt von Barbelo?
Lilith hat die vier Engel der Hurerei um sich versammelt.
Suko mutmaßt, dass es zu einer Neuordnung in der Hölle kommt.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Cover zeigt Barbelo genau so, wie sie im Roman geschildert wird. Dabei ist das Titelbild auch künstlerisch ein absoluter Volltreffer.


Coverbewertung:
5 Kreuze

Rezension von VoXpOpZ:


Kurzbeschreibung:
Der Waffenhändler Goran Bilic wird seit einigen Jahren vom Höllenengel Barbelo beschützt. Durch Zufall kommen John und Suko dem unheilvollen Duo auf die Spur. Gegen die dämonische Kraft Barbelos scheinen sie auf verlorenem Posten, doch die eingefleischte Teamarbeit der Geisterjäger und Johns Kreuz können Barbelo schließlich vertreiben.


Meinung:
Ein herber, ein männlicher Roman, der die Themen Krieg, Waffenschmuggel, Kopfgeldkiller mit einem höllischen Engel mixt und sich wie eine interessante Mischung aus "Landser", "Jerry Cotton", "Professor Zamorra" und last but not least "Geisterjäger John Sinclair" liest. Das dürfte vor allem Männer ansprechen - was interessant ist, da die Serie ja angeblich zum größeren Teil von Frauen gelesen wird! Abschreckend wirkt der Mix jedenfalls nicht, und der Roman überzeugt im Ganzen. Sein großer, großer, großer Schwachpunkt aber ist Barbelo, ein(e) makellos schöne(r) Gegner(in) aus dem Herzen der Hölle. Vielleicht hätte es der Geschichte gut getan, sich zu entschieden, ob Barbelo nun männlich oder weiblich ist. So aber spricht der Autor mal von einem Engel, mal von einer Engelin, auch John und Bilic rätseln in ihren Gesprächen, ob er/sie nun ein Er oder eine Sie ist. Warum der Verfasser diese Entscheidung (nicht) trifft, bleibt letztlich unklar, immerhin ist das Vieh auf dem Cover eindeutig eine Frau, und nur weil Engel geschlechtslos daherkommen, muss man nicht so ein unnötiges Brimborium veranstalten und vermeidbaren stilistischen Stolperstellen Tor und Tür öffnen.
Darüber hinaus erschließt sich der Zusammenhang zwischen Barbelo und Bilic überhaupt nicht. Warum rettet Barbelo während des Kosovokriegs ausgerechnet Goran Bilic? Wieso ist Barbelo seitdem sein Schutzengel? Welchen Zweck verfolgt er/sie damit? An einer Stelle antwortet Barbelo auf Bilics Frage, warum er/sie ihm beistehe: "Wenn die Zeit reif ist, präsentiere ich dir meine Rechnung." Leider bleibt das aus und der Schluss des Hefts deutet auch nicht unbedingt an, dass Barbelo und/oder Bilic noch ein weiterer Auftritt vergönnt ist. Das ist schade, denn so bleibt eine Erklärung mit Aha-Effekt aus! Die Ausführungen über Barbelos Herkunft und Rückgriffe auf Lilith sind gut gemeint, wirken aber leider eher verwirrend als zweckdienlich.
Kritik verdient auch der Titel, denn - wenn überhaupt - haben wir es mit einem Racheengel zu tun, und nicht mit einer ganzen Horde, wie der Titel durchaus suggeriert.
Trotzdem ist der Roman keine Nullnummer. In seinem packenden und spannenden Stil liest er sich flüssig und kurzweilig. Die Szenen sind allesamt hochdramatisch, die Figuren agieren realistisch und haben (bis auf Durec, den Mann mit der Ausstrahlung einer apathischen Schaufensterpuppe) ihre Daseinsberechtigung. Das Finale ist dramatisch erzählt und macht wieder einmal deutlich, wie wichtig John und Suko als Team sind.
Diese positiven Hervorhebungen verleiten dazu, die oben genannten Kritikpunkte um Barbelo unter den Tisch fallen zu lassen. Gerade weil der Roman so spannend und dicht ist, täuscht er gekonnt über seine Schwächen hinweg. Wegdiskutieren lassen sie sich jedoch leider nicht und als Bewertung gibt es deshalb gefühlte vier und realistische drei Kreuze. "Angriff der Racheengel" ist ein netter Roman, der in seiner sehr maskulinen Ausrichtung hervorsticht und als Einzelabenteuer auch hervorragend funktioniert. Ob dieser Stil der Serie auf Dauer gut täte, bleibt jedoch fraglich.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Scheußlichst. Lesen wir Sinclair 2010 oder doch eher Zamorra 1997? Das Cover passt so gut zur Sinclair-Serie wie eine barbusige Mutti aufs Bergdoktor-Heft. Ganz schlimm! Bitte nie wieder!


Coverbewertung:
0 Kreuze