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Dieses Band ist ein Nachdruck der zwei Romanhefte:
Professor Zamorra Nr. 22: Der Todesfluß
(Romanheft)
Knochige Hände lösten die Taue. Schwere Stiefelschritte pokerten
über die Holzbohlen des plumpen Wasserfahrzeugs. Wieder packten die
Hände zu, zogen stählerne Hebel aus der Arretierung. Die Fähre
wurde von den Fluten des Stromes gepackt.Wellen schmatzten gegen den geteerten
Rumpf. Über den Fluß fauchte ein eisiger Windhauch. Düstere
Wolkenbänke schoben sich vor den Nachthimmel. Kein Mondlicht wurde frei.
Der alte Fährmann stand aufrecht und unerschütterlich. Selbst bei
Sturm und Wellengang hatte er so gestanden - knorrig, hager, wie mit den
Decksplanken verwachsen. Dreißig Jahre lang, tagaus, tagein. Die
Rhône war sein Gesprächspartner geworden, Wind und Wetter seine
Gefährten. Von armdicken Drahtseilen gehalten, wurde die Fähre
durch die Strömung langsam zur Flußmitte geschoben. Jäh kam
der pontonähnliche Rumpf mit den eisernen Geländern zum Stillstand
- so, als sei plötzlich ein unsichtbarer Anker geworfen worden. Der
Fährmann verließ seinen gewohnten Platz bei den Steuerhebeln.
Ruhig, das lederhäutige Gesicht in den Wind gerichtet, ging er zur vorderen
Rampe. Heftige Böen kamen auf, schluckten das Poltern seiner Schritte:
Dann blieb der alte Mann stehen. Seine dunkle Arbeitskleidung ließ
ihn vor dem Nachthimmel konturenlos erscheinen.
Professor Zamorra Nr. 23: Bei Vollmond kommt das Monster
(Romanheft)
Der blonde Mann hielt die Augen geschlossen. Seine Hände hatte er unter
der Bettdecke hervorgeschoben. Sie waren in das Laken verkrampft. Das Gesicht
des Blonden war qualvoll verzerrt. Schweiß glitzerte auf seiner Haut.
Angstschweiß. Er röchelte, dann schlug er die Augen auf und richtete
sich auf. Der Glanz seiner blauen Augen war matt, aber die Pupillen huschten
unablässig in den Höhlen hin und her, entsetzt und wieselflink.
Seine Stimme klang hoch und kreischend. "Nein", wimmerte er, "nicht ... Ich
... will nicht ..." Plötzlich verstärkte sich das drängende
Gefühl in seinem Inneren. Unwillkürlich duckte er sich und preßte
die ungeschlachten Hände gegen den Kopf. Er wollte die scheußliche
Ahnung niederkämpfen, besaß aber nicht die Willenskraft und das
Konzentrationsvermögen dazu. Wieder jammerte er leise. Dann hörte
er die Frauenstimme und verstummte schlagartig. Sie schien von weit her zu
kommen. Und doch klang sie nahe, entsetzlich nah. "Mauro", flüsterte
sie," Mauro, ich bin es. Diesmal ist es soweit. Ich kriege dich." "Nein",
keuchte er. Das Kichern hatte einen schaurigen Nachhall. "Dummkopf", fuhr
die Stimme fort, "es ist närrisch, sich zu fürchten, Mauro -
närrisch, hörst du? Bedenke, daß du Fleisch meines Fleisches
bist." Mauro zerrte an der Bettdecke und zog sie sich bis an das Kinn empor,
so daß seine nackten Füße hervorschauten. "Fleisch ... meines
Fleisches", wiederholte er stereotyp, "nein ..."