Professor Zamorra Nr. 23: Bei Vollmond kommt das Monster

Professor Zamorra Nr. 23: Bei Vollmond kommt das Monster


Der blonde Mann hielt die Augen geschlossen. Seine Hände hatte er unter der Bettdecke hervorgeschoben. Sie waren in das Laken verkrampft. Das Gesicht des Blonden war qualvoll verzerrt. Schweiß glitzerte auf seiner Haut. Angstschweiß. Er röchelte, dann schlug er die Augen auf und richtete sich auf. Der Glanz seiner blauen Augen war matt, aber die Pupillen huschten unablässig in den Höhlen hin und her, entsetzt und wieselflink. Seine Stimme klang hoch und kreischend. "Nein", wimmerte er, "nicht ... Ich ... will nicht ..." Plötzlich verstärkte sich das drängende Gefühl in seinem Inneren. Unwillkürlich duckte er sich und preßte die ungeschlachten Hände gegen den Kopf. Er wollte die scheußliche Ahnung niederkämpfen, besaß aber nicht die Willenskraft und das Konzentrationsvermögen dazu. Wieder jammerte er leise. Dann hörte er die Frauenstimme und verstummte schlagartig. Sie schien von weit her zu kommen. Und doch klang sie nahe, entsetzlich nah. "Mauro", flüsterte sie," Mauro, ich bin es. Diesmal ist es soweit. Ich kriege dich." "Nein", keuchte er. Das Kichern hatte einen schaurigen Nachhall. "Dummkopf", fuhr die Stimme fort, "es ist närrisch, sich zu fürchten, Mauro - närrisch, hörst du? Bedenke, daß du Fleisch meines Fleisches bist." Mauro zerrte an der Bettdecke und zog sie sich bis an das Kinn empor, so daß seine nackten Füße hervorschauten. "Fleisch ... meines Fleisches", wiederholte er stereotyp, "nein ..."


von Holger Friedrichs, erschienen am 06.05.1975, Titelbild: Prieto Muriana