John Sinclair Nr. 776: Racheengel Lisa

John Sinclair Nr. 776: Racheengel Lisa


Alfred Darius öffnete die Tür, und ich wußte sofort, daß mich der Tod erwartete. Es war der Geruch, die Atmosphäre, die Schwingungen, die ihn begleiteten und mich dazu zwangen schnaufend auszuatmen. Die Tür schwang aus, ihr leises Knarren verstummte. Der Mann schob sich an mir vorbei. "Warten Sie, Mr. Sinclair, ich mache ihnen Licht." Er hatte mit zitternder Stimme gesprochen, als hätte er Mühe, die Tränen zu unterdrücken. Unter der Decke erhellte sich die Lampe. Sie sah aus wie eine Glocke. Ihr Licht leuchtete in einer breiten Bahn nach unten und erwischte die Gestalt auf dem Bett. Der Mann war tot. Nicht nur das, er sah auch schrecklich aus. Irgendeine Waffe hatte seine Brust zerfetzt.


von Jason Dark, erschienen am 17.05.1993, Titelbild: Manuel Prieto

Rezension von Ulrich Surendorf/Chapman:


Kurzbeschreibung:
John Sinclair und Suko werden zu einem Bekannten von Sir James namens Alfred Darius gerufen, um einen Toten zu begutachten. Dabei handelt es sich um Hank, den Bruder Darius', der mit einem Pfahlstoß in die Brust getötet wurde. Alfred Darius ist sich auch sicher, wer seinen Bruder ermordet hat: seine Tochter Lisa, die in dem Wahn lebt, die Welt von allem Bösen befreien zu müssen und vor kurzen aus einer psychiatrischen Anstalt ausgebrochen ist. Lisa glaubt, Kontakt zu Engeln zu haben und will für sie die Welt von allen bösen Menschen reinigen. Dafür benutzt sie den Pflock, weil sie als Kind eine Geschichte von einem Engel gelesen hat, der einen Vampir mit einem goldenen Pfahl getötet hat.
Nachdem Lisa der Anstalt endlich entkommen konnte, besucht sie das Grab ihrer toten Mutter, die ebenfalls einen Hang zum Übersinnlichen hatte. Lisa hofft, hier Kontakt mit dem Geist ihrer Mutter herstellen zu können, von dem sie glaubt, dass er bei den Engeln weilt. Auch John, Suko und Alfred Darius erreichen den Friedhof. Lisa versucht, ihren Vater zu töten und flieht dann vor John. Ihre Flucht endet auf dem Dach eines Hauses, in dem der Friedhofsgärtner wohnt. Hier meint sie, ein Tor in den Himmel zu sehen, doch statt friedlicher Engel sieht sie schreckliche Dämonen. Vor Enttäuschung achtet sie nicht mehr auf den Halt und rutscht vom Dach in den Tod.


Meinung:
Dies war mal ein "ganz anderer" Sinclair-Roman. Nach dem in den letzten Wochen wieder mehr Schwerpunkte auf die Templer gelegt wurden, tat diese Abwechslung gut. Vor allem, dass in diesem Roman keine Dämonen vorkommen und sich alles nur in der Phantasie Lisas abspielt, macht diesen Roman so besonders. Und auch wenn sich ein Großteil der Story mit den Gefühlen und Gedanken Lisas beschäftigt, schafft Jason Dark es, dass der Roman nicht langatmig oder langweilig wird. Gerade der brutale Mord an ihrer Pflegerin zu Anfang der Geschichte ist der fesselnd beschrieben.
Ein wenig gewundert habe ich mich nur, dass Alfred Darius zuerst sagt, dass er sich für das Hobby seiner Frau, die Tarotkarten, nicht interessiert hat, dann aber genau weiß, welche Karten gelegt wurden und auch ihre Bedeutung kennt... ;-))


Besonderheiten:
Einer der wenigen Sinclairs, in dem es nicht um übernatürliche Kräfte geht.
Mit diesem Roman erschien die dritte Auflage Band 289 ‚Der Höllenwurm'.
Mit diesem Roman erschien die vierte Auflage Band 55 ‚Der Mörder mit dem Januskopf'.
Die zweite Auflage dieses Romans erschien am 07.10.2003 im "John Sinclair Spezial" Band 1.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Cover ist sehr stimmungsvoll, auch wenn es keine direkte Szene aus dem Roman zeigt. Es passt trotzdem sehr gut und gibt die düstere Stimmung, die von Lisa ausgeht, sehr gut wieder.


Coverbewertung:
4 Kreuze
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Alfred Darius, ein Bekannter von Sir James, bittet John um Hilfe. Sein Bruder Hank wurde ermordet. Gepfählt von Lisa, der Tochter Alfreds. Seit dem Tod ihrer Mutter lebt Lisa in dem Wahn, alle Menschen töten zu müssen die böse sind und nicht an die Engel glauben wollen. Lisa kann aus der Psychiatrie entkommen in die sie wegen zweifachen Mordes eingewiesen wurde. John und Suko vermuten, dass Lisa auf den Friedhof gehen wird, wo ihre Mutter beerdigt wurde. Alfred Darius, der die beiden Geisterjäger unbedingt begleiten wollte, bittet John und Suko, zunächst allein mit seiner Tochter sprechen zu dürfen. Und tatsächlich hat sich Lisa dazu entschlossen zunächst das Grab ihrer Mutter zu besuchen. Während John und Suko im Verborgenen lauern, spricht Alfred mit Lisa. Doch die Tochter ist voller Hass auf ihren Vater, der das Grab seiner Frau nicht mit der nötigen Fürsorge pflegte und verletzt ihren eigenen Vater schwer. John und Suko kommen zu spät und während sich Suko um den Verletzten kümmert, nimmt John die Verfolgung auf. Lisa flüchtet in ein verlassenes Haus nahe des Friedhofs. Auf dem regennassen Dach endet ihre Flucht. Während sie in Wahnvorstellungen mit ihrer Mutter und ihren Verborgenen Schuldgefühlen konfrontiert wird, gelingt es John ebenfalls auf das Dach zu kommen. Doch Lisa kommt ins rutschen und als John sie festhalten will, versucht sie ihn mit ihrem Pflock zu verletzen. Lisa stürzt in die Tiefe und stirbt.


Meinung:
Ein sehr außergewöhnlicher Roman, der sich mit der verwirrten Psyche einer jungen Frau auseinandersetzt und keine übersinnlichen Phänomene zum Thema hat. Vielleicht wurden einige Passagen zu sehr in die Länge gezogen, was man auch daran merkt, dass John nach den Erinnerungen der Lisa plötzlich ganz überrascht ist, als Alfred Darius ihm erklärt seine Tochter sei aus der Anstalt ausgebrochen, obwohl er ihm gleich zu Anfang sagte, das der Täter aus einer Psychiatrie entflohen sei. Dafür sind die Abschnitte mit Lisa sehr interessant, die Einblicke in ihren gestörten Geist sind sehr erschreckend und am Ende weiß man, dass es für Lisa eigentlich nur einen Ausweg gab, nämlich den Tod. Mein Fazit: Ein spannender, abwechslungsreicher Roman ohne Dämonen und Geister und auch ohne ein silbernes Kreuz.


Besonderheiten:
Dieser Roman erschien in der zweiten Auflage als Band 1 des neuen Romanheftmagazins "John Sinclair-Special" gemeinsam mit dem ersten Band der Reihe "Damona King".


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Bild zeigt Lisa mit ihrer Mordwaffe. Es ist sehr stimmungsvoll gezeichnet worden, hat aber im Endeffekt wenig mit der Handlung zu tun, denn erstens hat Lisa im Roman kein rüschenverziertes Nachthemd an und zweitens hat sie auch nie einen Hammer verwendet, um ihre Opfer zu töten. Dennoch ein passendes Bild.


Coverbewertung:
4 Kreuze