John Sinclair Nr. 447: Totenschiff der Templer
Um 19.00 brannte die Sonne noch immer erbarmungslos. Eine Stunde später
schoben sich Wolken vor den Glutball und nahmen ihm einen Teil der Kraft.
Darüber waren die Männer auf dem Schiff mehr als froh. Sie krochen
aus dem Bauch, wo sie sich vor der heißen Luft in die Stickige
geflüchtet hatten, und sahen ihr Segel wie einen traurigen Lappen am
Mast hängen. "Noch immer kein Wind!" stellte Mario Scirea fest. Kevin
Barnes, der Mann aus Liverpool, nickte. "Es brist aber gleich auf." "Woher
weißt du das?" "Gefühl."
von Jason Dark, erschienen am 26.01.1987, Titelbild: Vicente
Ballestar
Rezension
von Sir
Screamalot:
Kurzbeschreibung:
In diesem Fall verschlägt es John Sinclair und Suko and die Côte
d'Azur. Zwei Segler - Mario Scirea, ein in Frankreich lebender Italiener,
und Kevin Barnes, ein Liverpudlian - sind dort (an einem strahlend schönen
Sonnentag) auf einem Segeltörn in einen plötzlich auftretenden
Nebel geraten, in welchem ein altes, abgetakeltes Geisterschiff dahintrieb.
Der geistesgegenwärtige Barnes macht von allem Fotos - die er dann (als
Mitarbeiter irgendeines englischen Ministeriums) an den Yard weiterreicht.
John und Suko machen sich sofort auf den Weg in die kleine
südfranzösische Ortschaft Estre, um mit dem dort lebenden Scirea
Kontakt aufzunehmen. Dieser erzählt ihnen von einer Legende, die besagt,
dass diese Gegend fürher einmal in der Hand der Templer gewesen sei,
die hier auch eine Hafenanlage errichtet hätten. Und nicht nur das:
hier sei auch "ein großer Templer-Führer" an Land gegangen - Hector
de Valois! Scirea erklärt sich dann bereit, Suko und John mit dem Boot
zur besagten Bucht (mit der wundersamerweise völlig verschwundenen
Templer-Hafenanlage) hinauszufahren. Dort taucht wieder dieser seltsame Nebel
auf, und mit ihm das Geisterschiff samt Kapitän (Capitaine Noir) und
vermoderter Mannschaft - um allerdings sofort wieder zu verschwinden. Allerings
hat sich in der Zwischenzeit eine Felswand an der Küste geöffnet
und den Eingang in eine Höhle freigelegt, die John, Suko und Scirea
nun betreten. In besagter Höhle finden sie dann einen auf zwei Kisten
aufgeteilten Goldschatz und ein altes Logbuch, das ein wenig Licht ins Dunkel
bringt: das Schiff mit Hector de Valois sei aus dem Morgenland
zurückgekommen; Valois hätte es sich mit Capitaine Noir total
verdorben; schließlich wäre es zu einer Meuterei gekommen und
man hätte Valois von Bord geworfen. Beim Zuklappen des Buches,
zerfällt dieses zu Staub. Mit einemmal verschwindet John, ohne dass
er selbst oder die beiden anderen etwas dagegen tun könnten - und im
nächsten Moment haben Suko und Scirea auch schon alle Hände voll
zu tun, sich wieder aus der Höhle zu retten, da sich deren Öffnung
wieder äußerst schnell zu schließen beginnt. Da die beiden
nicht wissen, wohin John verschwunden ist, bzw. wie man in diese Dimension
nachfolgen kann, beschließen sie, in die Ortschaft zurückzufahren,
um sich einen Schlachtplan zurechtzulegen. Auf dem Weg dorthin taucht wieder
der Nebel auf - und natürlich auch das Schiff, das sie am Weiterfahren
hindert. Scirea versucht zwar, davonzuschwimmen, muß aber einsehen,
dass er gegen die teuflischen Kräfte keine Chance hat - und läßt
sich von Suko wieder an Bord ziehen. Als ihnen vom Geisterschiff aus eine
Strickleiter zugeworfen wird, klettern sie über diese auf das Schiff
und treffen auf Capitaine Noir und dessen verfaulte Zombiemannschaft. Dieser
erklärt Suko, dass er John Sinclair zu ihm bringen solle, da dieser
das Kreuz habe. Währenddessen entdeckt John in der Höhle fünf
Wandgemälde, die in chronologischer Reihenfolge die Geschichte des Schiffes
bzw. des schwarzen Kapitäns und Hector de Valois' erzählen: die
Mannschaft und ihr Kapitän seien einmal Templer gewesen, die - zusammen
mit Hector de Valois - nach Afrika aufgebrochen seien, um dort die
Ungläubige zu bekehren; dort wären sie in Kämpfen so stark
dezimiert und demoralisiert worden, dass sie sich (natürlich mit Ausnahme
Hector de Valois') dem Teufel zugewandt hätten - welchen der Kapitän
dann auf der Rückreise ins Abendland auch in einer sturmgepeitschten
Nacht angerufen hätte, um das Schiff samt Mannschaft unversehrt an die
Küste zu bringen. Auf einem der Bilder, das unter anderem das Schiff
zeigt, entdeckt er an Deck desselben Suko und Scirea - und kann so live
mitverfolgen (sowohl optisch, als auch akustisch), was sich zeitgleich an
Bord des Geisterschiffes abspielt: dort kommt es zu einem kurzen Handgemenge
zwischen Suko und den Zombies, die ihn allerdings in ihrer Übermacht
überwältigen. Erneut verlangt Capitaine Noir von Suko, dass "der
Mann mit dem Kreuz kommen" solle. John überlegt fierberhaft, wie er
seinem Freund und dem Italiener zu Hilfe kommen kann - und spricht letztlich
die Formel, die sein Kreuz aktiviert. Dies führt dazu, dass er sich
plötzlich auf dem Geisterschiff wiederfindet, wo ihn der Kapitän
dazu auffordert, ihm das Kreuz zu übergeben - was bei John und Suko
für gehörige Verwirrung sorgt, immerhin ist er ein Dämon und
bettelt, indem er das Kreuz zu berühren verlangt, quasi um den Tod.
Aus diesem Grund gibt John Capitaine Noir auch sein wertvolles Kreuz - allerdings
nur um feststellen zu müssen, dass dieses dem Kapitän nichts anhaben
kann! Das Kreuz ist von Lilith manipuliert worden. Sobald der Dämon
das Kreuz in Händen hat, löst er sich samt Schiff und Mannschaft
auf, und John und seine Jungs finden sich plötzlich im Wasser strampelnd
wieder. Sie retten sich in Scireas Boot, wo diesem einfällt, dass es
ein steinernes Kreuz in einer Kirche in den Bergen gäbe, dass genauso
aussehe wie Johns Kreuz. Dieses wäre heute ins Dorf geholt worden, da
man es morgen zur Wallfahrt benötige - und da der Kapitän Johns
Kreuz benutzen möchte, um damit das steinerne Kreuz zu vernichten (das
die Leute in diesem Landstrich vor dem Bösen beschützen soll) und
so letztlich über Valois zu siegen, machen sich die drei Helden auf
den Weg zurück nach Estre. Dort angekommen hat schon das Fest begonnen,
das immer am Vorabend der Wallfahrt stattfindet. Bevor sie in die Kirche
gehen, um die Zombiepiraten daran zu hindern, das Steinkreuz zu zerstören,
machen sie sich auf die Suche nach dem alten Dorfpfarrer, der ihnen Weiteres
über die Legende berichtet: dass man das von Valois nach dem Ebenbild
seines eigenen (= Johns) Kreuzes nachgebildete Steinkreuz nur zerstören
könne, wenn man im Besitz des anderen Kreuzes sei. Sie erfahren vom
Pfarrer auch, dass Capitaine Noir der Halbbruder von Hector de Valois gewesen
sei und die beiden sich wie die Pest gehasst hätten; außerdem
sei der Kapitän auch einer gewesen, der "nach den Regeln der Bibel lebte"
- was erklärt, warum er das Kreuz berühren konnte ohne dabei zu
vergehen, da er - so John - "er sich nicht voll dem Teufel verschrieben hat",
sondern immer zu seinem Bruder gehalten habe. Nachdem sie diese wertvollen
Informationen erhalten haben, machen sie sich auf den Weg zur Kirche, wo
es dann einen kurzen Kampf mit den Zombiepiraten/-templern gibt. Capitaine
Noir versucht zwar, das Steinkreuz mithilfe Johns Kreuz zu zerstören
- allerdings erscheint im letzten Moment der Geist Hector de Valois, der
verkündet, daß a.) dies die endgültige Abrechnung sei, und
b.) "ein anderer" den Kapitän köpfen werde. Was John sofort in
die Tat umsetzt - er köpft den Kapitän, was zur Folge hat, dass
dieser zu Staub und Asche zerfällt, während seine Mannschaft, das
Schiff und Valois' Geist und der Nebel verschwinden. John ist wieder im Besitz
seines Kreuzes, hat die Zerstörung des Steinkreuzes verhindert und Capitaine
Noir und seine Mannschaft vernichtet.
Meinung:
Selten wurde soviel an unlogischer Handlung in 64 Seiten Heftroman gequetscht!
Ich denke, es ist nicht notwendig, einen längeren Kommentar dazu abzugeben,
da meine "Kurzbeschreibung" dermaßen ironiegetränkt ist, daß
sich ein weiteres Herumhacken auf diesem Machwerk erübrigt. Hier nur
ein paar der Fragen, die sich einem beim Lesen aufdrängen: wenn das
Geisterschiff auftaucht, um John anzulocken, damit man sich seines Kreuzes
bemächtigen kann . . . - warum läßt man ihn davonkommen und
zuerst mal die Höhle inspizieren? Oder eine vielleicht noch
drängendere Frage: warum überhaupt will der schwarze Kapitän
das steinerne Kreuz vernichten? Er ist ja seit Jahrhunderten nicht mehr
aufgetaucht, ist mit seinem Schiff auf dem Meeresgrund dahingedümpelt
und hat nicht im Traum daran gedacht, über die Küstenbewohner
herzufallen oder dergleichen. Was also bringt es ihm, das steinerne Kreuz
zu zerstören? Und wieso ist Johns Kreuz bei ihm unwirksam - immerhin
ist er ein Diener des Bösen! Da kann er - bevor er sich dem Teufel zugewandt
hat - noch so brav die Bibel auswendig herunterbeten können haben!
(Außerdem ist es recht zweifelhaft, dass ein mittelalterlicher
Kapitän des Lesens mächtig gewesen ist.) Was uns zu einem weiteren
Fehler in der Chronologie bringt: als John die Wandgemälde betrachtet
heisst es, dass diese Bilder "aus dem vorigen Jahrhundert" (= dem 19. Jh.)
seien. Und wer zur Hölle hat die gemalt? Und warum ausgerechnet in dieser
Höhle? Und warum liegt dort ein Goldschatz, der total vom Zahn der Zeit
durchnagt ist und durch die permanente Feuchtigkeit schon heftigst Patina
angesetzt hat? Und wieso kann John dieses Buch lesen - immerhin müßte
es ja (auch wenn es nach der vollendeten Lektüre zu Staub zerfällt)
ebenso lädiert bis kaum mehr vorhanden sein unter solchen
Witterungsbedingungen. Und seit wann beherrscht unser Geisterjäger
mittelalterliches Französisch - und die damalige Schrift? Fragen über
Fragen, die natürlich nicht beantwortet werden. Zuletzt ein kleiner
Tip an Herrn Rellergerd: wenn man nicht weiß, wie man Okzident schreibt,
dann sollte man besser den Begriff "Abendland" verwenden.
Besonderheiten:
Man erfährt, dass Hector de Valois einen (bösen) Halbbruder
hatte.
0 von 5 möglichen Kreuzen:

Kommentare zum Cover:
Das Cover stellt eine Szene dar, die so ähnlich im Roman vorkommt -
Suko und Scirea erscheint im Nebel Johns Gesicht, während dieser in
der Höhle gefangen ist. Was die mit automatischen Waffen bestückten
Gauner (wohl moderne Piraten, oder so) auf dem Schiff zu suchen haben, ist
mir allerdings schleierhaft. Dennoch ist es ein ganz ordentlich gemaltes
Ballestar-Cover.
Coverbewertung:

Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild wurde auch schon auf dem Cover des holländischen John
Sinclair Romans Nr. 101 verwendet, obwohl es sich dabei nicht um die selbe
Geschichte handelte. Beim dem Romanheft aus Holland handelte es sich stattdessen
um den Roman "Horror-Kreuzfahrt" (John Sinclair
Nr. 51 der deutschen
Erstauflage):