Vampir-Horror-Roman Nr. 294: Der Totenlord

Vampir-Horror-Roman Nr. 294: Der Totenlord


Es geschah in der Südsee, nahe den Tonga-Inseln. Die riesige Höhle war von schrillen, disharmonischen Klängen erfüllt, Alte Weiber standen Spalier. Sie hatten ausgemergelte Körper, eine runzelige Haut, zahnlose Münder. Sie waren zitternde Greisinnen, für die jeder Tag, den sie noch leben durften, ein Geschenk darstellte. Sie klatschten in ihre knöchernen Hände und kicherten, als wären sie nicht normal. "Wieder eine!" kreischte eine der Greisinnen und lachte grell auf. "Der Totenlord ist unersättlich. Er kriegt nie genug." Die Alte, die neben ihr stand, raufte sich das strähnige Haar. Ihre Augen lagen in tiefen grauen Höhlen. Die Nase war eingesunken. Ihr Gesicht hatte Ähnlichkeit mit einem bleichen grinsenden Totenschädel. "Ja, ja, der Totenlord!" krächzte sie. "Möge unserem Herrn und Gebieter ein langes Leben beschieden sein!" Die Greisinnen stampften begeistert mit ihren nackten Füßen auf den Boden, als zwei kräftige Kerle mit finsteren Gesichtern und bronzefarbener Haut ein blutjunges Mädchen an ihnen vorbeiführten. Die Männer trugen um die Lenden einen Baumwollschurz. Sonst waren sie nackt. Wie Stahltrossen spannten sich ihre Muskeln unter der glänzenden Haut. Pamela, so hieß das blonde Mädchen, das sie mit festem Griff gepackt hatten, stemmte sich immer wieder verzweifelt gegen den Boden. "Weiter!" befahlen die Männer erbarmungslos. "Ja!" kreischten die Greisinnen. "Weiter! Vorwärts! Weiter!" Pamela bäumte sich im Griff der kräftigen Kerle entsetzt auf.


von Earl Warren, erschienen 1978, Titelbild: Günter König