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Im Norden wetterleuchtete es. Jetzt, in den Tagen der Sommersonnenwende.
lag eine seltsam feuchte Schwüle über dem Land. Der Geruch des
Hochmoores wehte zu uns herüber, als wir über die schmale
Holzbrücke fuhren, deren Bohlen unter den Reifen des Volkswagens
ächzten und knarrten. Ein langer Blitz erhellte den Horizont. Die Wipfel
dunkler Tannen und das Blätterfiligran schlanker Birken zeichneten sich
wie ein Scherenschnitt gegen den Himmel ab. Es war wie eine Momentaufnahme
voll dunkler, ein wenig schauerlicher Schönheit. "Hoffentlich regnet
es nicht", sagte Jürgen Sander neben mir. Er fuhr schnell und sorglos,
denn die Gegend war ihm inzwischen so vertraut, daß er jedes Schlagloch
der neun Kilometer langen Strecke kannte. Sein linker Ellenbogen ruhte auf
dem Blech der Wagentür, die linke Hand hielt das Steuer. Den rechten
Arm fühlte ich auf meiner Schulter. "Seid ihr noch nicht fertig mit
den Ausgrabungen?" Jürgen lachte leise. Er war sehr gut gelaunt und
hatte allen Grund dazu. Das Archäologenteam, mit dem er arbeitete, hatte
einen beachtlichen Fund gemacht. Während seine fünf Kollegen bei
den Wohnwagen und Zeiten ein Freudenfest veranstalteten, war er zu mir nach
Stalberg gekommen - in das Haus meiner Eltern. Seine Art, den Erfolg au feiern,
war mir sehr sympathisch. "Nein, es bleibt noch viel zu tun, aber unser heutiger
Fund ist außerordentlich kostbar. Selbst wenn die Grabung durch einen
Platzregen überflutet und zerstört würde, könnte der
Wert unserer Arbeit nicht gemindert werden, Ille!" meinte er.