Das Haus stand seit zwei Jahren. Vom ersten Tag an lebte Susan Garon darin.
Trotz der mehr als zweihundert Menschen, die in dem Hochhaus wohnten,
fühlte sie sich einsam und verlassen. Susan Garon war vierundsiebzig.
Dieses Alter sah man ihr nicht an. Sie wirkte wie eine Fünfzigjährige
und hatte noch ihr dunkelbraunes Haar, in dem es keine einzige weiße
Strähne gab. Die Frau war noch sehr agil und führte ein erfülltes
Leben. Im Gegensatz zu früher jedoch ging sie nicht mehr so oft aus.
Einmal im Monat ein Konzert- oder Theaterbesuch, das war alles, was sie sich
noch gönnte. Dafür aber kamen um so mehr Gäste in die schicke
Apartmentwohnung in die Rosewood Avenue 124, wo die neuen zwanzigstöckigen
Hochhäuser standen. Mindestens zweimal die Woche hatte Susan Garon Besuch.
Sie wäre sonst verrückt geworden in diesem Betonkasten von
Gebäude, in dem keiner den anderen kannte und in der Anonymität
dahinvegetierte wie eine Pflanze. Mittwochs und freitags kam Evelyne. Sie
war Witwe und einsam wie sie . Hin und wieder meldete sich unerwartet Besuch
an. Das brachte Abwechslung in Susan Garons Leben.