Silber-Grusel-Krimi Nr. 135: Die blinden Augen des Azathoth
Silber-Grusel-Krimi Nr. 135: Die blinden Augen des Azathoth


Es war ein typischer Morgen in London. Regennasse, glitschige Straßen und dichter Nebel beschränkten die Sichtweite auf knapp zehn Meter. . Die beiden Dockarbeiter Lou Cookson und Marty Donovan, auf dem Weg zur Arbeit, gingen dicht an den Häuserwänden entlang, um sich vor den unaufhörlich fallenden Tropfen zu schützen. Aber die vorsorgliche Maßnahme nutzte nicht viel, denn ein schräg einfallender, unangenehmer Wind trieb ihnen die Nässe dennoch ins Gesicht. »Scheißwetter«, sagte Cookson. »Warum bin ich nicht in Hawaii zur Welt gekommen?« »Bananen pflücken wäre mir auch lieber als blödsinnige Kästen abladen«, antwortete sein Kollege mißgestimmt. »Bist du sicher, daß es da überhaupt Bananen gibt?« Donovan reagierte unwirsch. Die weitere Unterhaltung der beiden Männer erschöpfte sich in ähnlich nichtssagenden Redensarten. Schließlich hatten sie das Hafengelände erreicht. Hier war der Regen noch lästiger und ekelhafter. Mit hochgezogenen Schultern stiegen Cookson und Donovan die Treppe hinab, die zum Kai führte.


von Theodor Dombrowski, erschienen am 08.02.1977, Titelbild: ???

Rezension von Wolfgang Trubshaw:


Kurzbeschreibung:
Eine wochenlang anhaltende Mordserie in London, bei der den mit seltsamem Schleim bedeckten Opfern offenbar die Augen aus den Höhlen gesaugt wurden, ruft nicht nur den Yard, sondern auch zwei Spezialagenten einer Organisation namens GOOD auf den Plan, die nach etwas Recherche meinen, es mit Aktivitäten einer anderen Organisation namens BAD zu tun zu haben.
Susan York und Norman Stewart stolpern über eine Gruppe von Jüngern des Dämonensultans Azathoth, die unter Londons Kanalisation ihre kranken Rituale durchführen. Azathoth, der gegen den UV-Bereich von Sonnenlicht äußerst allergisch ist, versucht, sich durch das Einverleiben von Sonnenlicht vertragenden Menschenaugen in seinen Schleimkörper zu etwas hin zu entwickeln, das auch tagsüber Verderben und Wahnsinn unter die Menschen bringen kann.
Auch Lord Lakehurst, eigentlich einer der besten Freunde des Yard-Chefs Sir Archie, ist offenbar auch irgendwie in die Machenschaften verstrickt, und Sir Archie wird sein Job einerseits genau dadurch, andererseits auch durch die mangelnde Kooperationsbereitschaft der GOOD-Agenten York und Stewart nicht gerade vereinfacht...


Meinung:
Wer sich diesmal hinter dem Sammelpseudonym Marcos Mongo verbirgt, ist mir unbekannt. Der Verfasser des etwas konfusen Romans hat sich hiermit aber nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Das Heft ist von vorne bis hinten im gleichen Tonfall und Tempo geschrieben, egal ob Schlüsselpassagen oder Überleitungen und Zwischenspiele, egal ob Action oder Atmosphäre dargereicht werden. Hinzu kommen Stilblüten nicht zu knapp, peinliche Metaphern hin bis zu grotesk mutierten, ausgewachsenen Allegorien. Ein sehr aufgesetzt wirkender und oft unangebrachter höherer Wortschatz trägt weiters dazu bei, dass man als Leser den Eindruck hat, ein Frühwerk eines sich selbst etwas zu sehr stürmend und drängend reinsteigernden Jungautors vor sich zu haben, oder vielleicht auch ein Werk eines eigentlich genrefremden Schriftstellers, der zu wissen meint, wie man Gruselhefte zu schreiben hat...
Das eigentliche Ende der Geschichte passt in eine einzige Spalte einer einzigen Seite, wird dann aber noch von über drei Seiten(!) epiloghafter nachträglicher Erklärerei gefolgt, die obendrein die Protagonisten etwas sadistisch und pietätlos wirken lassen.


Besonderheiten:
- Als Heft Jahrgang 1976 dürfte es sich hierbei wohl um eines der frühesten deutschen Gruselhefte handeln, das sich an Lovecrafts Mythos bedient. Allerdings ist der "Geist" lovecraft'scher Schreibe nichteinmal ansatzweise präsent, vielmehr wird eine recht banale Schleimmonster-Story hier mit fremden Federn und schmückendem Beiwerk geziert; die Anlehnungen an den Mythos finden sich nur oberflächlich anhand verwendeter Namen und Begriffe, werden der Quelle atmosphärisch aber in keinster Weise gerecht.
- Für diesen Band wurde ausnahmsweise vom üblichen Titel-Layout abgewichen: der SGK-typische graue Balken am unteren Ende wurde hier weggelassen und statt dessen der Hefttitel zwischen die drohenden Hände gesetzt.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:
Soll wohl Lakehurst Castle darstellen, das wohl kurz Schauplatz ist, aber keine Schlüsselrolle im Heft einnimmt. Darunter, quasi "chthonisch" im Untergrund, soll wohl die allegorische Gefahr durch die Jünger Azathoths vermittelt werden. Irgendwie hat das Bild etwas, wenngleich es recht generisch ist, und außerdem zolle ich Zauberkreis Respekt dafür, mal ein anderes Layout ausprobiert zu haben.


Coverbewertung:
3 Kreuze

Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild dieses Romans wurde später noch auf einem weiteren Roman in der Silber-Grusel-Krimi Reihe verwendet und zwar auf der Ausgabe Nr. 380:

Silber-Grusel-Krimi Nr. 380: Das Auge des Rasuli