Silber-Grusel-Krimi Nr. 62 (NA): In der Katakombe der Gräfin
Redziwihl
Er hörte die Schreie und die aufgeregten Rufe von der Straße:
"Tötet sie! Macht der Hexe endlich den Garaus! Sie hat genug Unheil
angerichtet!" "Nieder mit ihr!" Eine andere Stimme. Ebenfalls eine Frau.
Aufgeregt, nervös, hektisch: "Die Alte soll krepieren!" Nina Petrovac
richtete sich in ihrem Bett auf. Was war los? Was ging da draußen auf
der Straße vor? Da trommelte es auch schon gegen ihre Fensterläden.
Die Gerufene schlug die Bettdecke zurück. Sie verhielt sich still, eilte
auf Zehenspitzen zum Fenster und starrte durch die Ritzen des alten klapprigen
Fensterladens. Im Mondlicht, das sich in die schmale Straße ergoß,
erkannte sie die Umrisse einer großen Gruppe von Frauen. Sie standen
diskutierend beisammen. Andere klopften an die Türen und Läden
der Nachbarhäuser und riefen dort die Frauen zusammen. "Nina Petrovac!
Es geht gegen die Redziwihl! Der Blutsaugerin geht´s an den Kragen.
Beteiligst du dich daran?
von Dan Shocker, erschienen am 16.09.1975, Titelbild: R.S. Lonati
Rezension von
Leichnam:
Kurzbeschreibung:
In Rumänien vor 350 Jahren (vor Existenz Larry) versuchen aufgebrachte
Frauen, die männermordende Schönheit Gräfin Silvia Redziwihl
zu lynchen. Sie sind es leid, daß Mann um Mann aus dem Heimatdorf Merdagve
verschwindet. Man nimmt an, daß die Ehemänner durch die Gräfin
getötet wurden, denn die Grausamkeit der Silvia ist allgemein bekannt,
genau wie ihre Kunst der Verführung. Das Unternehmen mißlingt
kläglich, denn die meisten Rächerinnen finden den Tod, indem sie
durch die Bluthunde der Redziwihl zerfetzt werden. Allerdings flieht die
Gräfin nebst treuem Diener, nachdem die Situation im wahrsten Sinn des
Wortes etwas brenzlig wird. Sie schließt sich in die eigene Gruft ein
und nimmt Gift. Ihre Reichtümer lagern ebenfalls in der Katakombe. Die
klassische Geschichte: Nach paar Hundert Jahren ersteht sie wieder auf, mit
Hilfe eines kleinen Leibdämonen namens Akba. Larry wird in die Ereignisse
mit reingerissen und stellt schließlich die Gräfin, wobei ihm
in letzter Sekunde durch Morna Ulbrandson das Leben gerettet wird.
Meinung:
Mein erstgelesener Gruselroman überhaupt! Deswegen auch die erste Rezension.
Allein das Titelbild hat mich damals in DDR-Zeiten regelrecht aus den Socken
gehauen. Sowas hatte ich noch nie gelesen! Ich finde den Text auch heute
noch sehr gut. Die Geschichte ist wirklich gruselig und zu keiner Zeit
langweilig, und das ist schließlich das Wichtigste. Der Teil des
Rachefeldzuges der Frauen zu Beginn ist sehr plastisch beschrieben. Da gibt
es kein Vertun. Als die Hunde ins Spiel kommen, wird es sogar etwas splatterig.
Larry hat es dann 350 Jahre später mit einem Touristikunternehmer zu
tun, der das Schloß der Gräfin für Gruseltouren nutzen will,
die natürlich hohen Gewinn versprechen. Die Geschichte mit diesem
Erzkapitalisten ist sehr schön geschildert. Zwar geht das Ganze ohne
große Theatralik zu Ende, am Schluß geht alles blitzblatz, doch
tut das der Geschichte keinen Abbruch. Trotzdem merkt man, daß Jürgen
Grasmück wohl gemerkt hat, daß er zum Schluß kommen mußte,
da die vorgegebene Seitenzahl allmählich erreicht...
Besonderheiten:
Klassisches Muster weit zurückliegende Vergangenheit - Auswirkungen
in der Gegenwart
Morna rettet Larry das Leben
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Lonati rules!!! Düsteres, beklemmendes Spitzen-Cover! Hypnotische Wirkung
durch die ausgestreckte, krallige Hand der Gräfin. Doch der Mann da
kann nicht Larry sein, auch keiner der Studenten. Wer ist das dann? Doch
die Gruselwirkung macht dieses Rätsel für mich wieder wett.
Coverbewertung:
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Im 17. Jahrhundert haust in Rumänien auf Schloss Prota die sündhaft
schöne Gräfin Redziwihl, welche die Männer aus dem Dorf Merdagve
zu sich aufs Schloss lockt, wo sie sie tötet, um in ihrem Blut zu baden.
Die aufgebrachten Frauen stürmen Schloss Prota und setzen das Gemäuer
in Brand. Gräfin Redziwihl trinkt Gift und legt sich in eine geheime
Katakombe, während das Schloss um sie herum niederbrennt und die Frauen
aus dem Dorf selber zum Opfer der Flammen werden. Mehr als 300 Jahre später
hat ein Reiseunternehmer die geniale Idee Gruselreisen in die verlassene
Ruine zu unternehmen. Doch drei seiner Angestellten, die durch die Gerüchte
eines sagenumwobenen Schatzes verführt werden, erwecken unabsichtlich
die Blutgräfin. Larry Brent und Morna Ulbrandson sollen die Blutgräfin
und ihren Hilfsdämon Akba zur Strecke bringen ...
Meinung:
Eine klassische Gruselgeschichte auf den Spuren von Dracula und der
Blutgräfin Elizabeth Bathory. Durchweg spannend schildert Dan Shocker
die Ereignisse der Vergangenheit und den brutalen Kampf der Frauen gegen
die blutgierige Hexe. Leider verliert die Geschichte mit dem Beginn der
Ereignisse in der Gegenwart einiges an Tempo. Die Szene mit Larry Brent und
Iwan Kunaritschew ist zwar durchaus unterhaltsam, zumal man ein wenig über
Iwans Privatleben erfährt, aber für den Verlauf der Handlung ist
die Wahrsagestunde eher unerheblich. Auch der Mordanschlag auf Larry, welcher
ihm gar nicht galt, wirkte eine Spur zu zufällig. Das Auftauchen des
Dämons Akba wirkt dementsprechend wie eine Verlegenheitslösung
des Autors, um einige dieser Zufälle logisch erklären zu können.
Zum Ende gewinnt der Roman aber wieder sein altes Niveau zurück und
wird zu der unterhaltsamen Gruselgeschichte, als der er begann. Mit einer
wohldosierten Prise Humor und einem rasanten Ablauf der Geschehnisse bringt
der Autor seine Story zu einem schlüssigen Ende. Die Erweckung der
Gräfin bietet Atmosphäre pur und erinnert an die alten Gruselfilme
der Hammer-Studios. Aber auch die Ereignisse im Hotel und Larrys Kampf mit
der lebenden Leiche lassen dem Leser keine Sekunde Verschnaufpause. Mit diesem
Roman beweist Dan Shocker einmal mehr, dass er sein Handwerk versteht und
es perfekt schafft die Balance zwischen Action und Atmosphäre zu halten.
Besonderheiten:
In Sibirien lebt eine junge Frau namens Anuschka, die auf Iwan Kunaritschew
wartet und ihn regelmäßig mit seinem gefürchteten Tabak
versorgt.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Eins der besten und unheimlichsten Bilder von Lonati. Das Cover bietet
Gruselstimmung pur, auch wenn die Szene nicht genau so im Roman vorkommt.
Coverbewertung:
Rezension von
Bloemsemann:
Kurzbeschreibung:
In der Einsamkeit des Fagarasulin-Gebirges in Rumänien steht Schloß
Prota. Hier haust im 17. Jahrhundert die seltsame und gefürchtete
Gräfin Silvia von Redziwihl, die den Gerüchten zufolge eine Art
Vampir sein soll, und der man sogar eine Liebelei mit dem legendären
Grafen Dracula nachsagt. Seit längerer Zeit verschwinden die
männlichen Bewohner des nahegelegenen Dorfes Merdagve spurlos, und die
zurückgebliebenen Frauen sind sich sicher, dass die überaus attraktive
Gräfin hier ihre Finger im Spiel hat. Eines Abends mobilisiert die
hübsche Ilonka Tuave, welche ebenfalls ihren Mann verloren hat, die
Frauen von Merdagve, und gemeinsam begeben sie sich zu dem unheimlichen
Schloß, um dem düsteren Treiben ein Ende zu bereiten. In dieser
Nacht ereignet sich in den Gemäuern eine Tragödie. Die aufgebrachten
Frauen können in das Schloß eindringen, wobei einige von ihnen
durch die Bluthunde der Gräfin zerfetzt werden. Die anderen sterben
letztendlich in den Flammen des Feuers, welches sie selbst gelegt haben.
Während Schloß Prota bis auf die Grundmauern niederbrennt, verkriecht
sich die Gräfin in eine geheime Katakombe unter ihrer Behausung, in
der sie auch die Leichen der entführten Männer verborgen hält,
und trinkt einen Becher Gift. Aufgrund ihrer Kontakte zu einem rangniederen
Dämon namens Akba geht sie davon aus, in der Zukunft wieder zum Leben
erweckt zu werden. Und tatsächlich interessiert sich 300 Jahre später
der Reiseunternehmer Alan W.Cromewell für die sagenumwobenen Ruinen
im Fagarasulin-Gebirge, da er den idealen Schauplatz für seine geplanten
Horror-Tours sucht. Als Vorhut hat er drei junge Leute nach Rumänien
geschickt, welche die Übrigbleibsel des Schlosses genauer unter die
Lupe nehmen sollen. Die drei stoßen bei ihren Nachforschungen auf die
verborgene Katakombe und ihren schaurigen Inhalt. Durch den Einfluss des
Dämons Akba erwecken die Besucher ungewollt die teuflische Gräfin
zu neuem Leben, welche auch umgehend wieder ihrer blutigen Tätigkeit
nachgeht. X-RAY-1 ist mittlerweile auf Cromewell und dessen neues Projekt
aufmerksam geworden, so dass er Larry Brent zusammen mit Morna Ulbrandson
auf den Unternehmer zu dessen eigenem Schutz ansetzt. Zusammen reisen sie
nach Rumänien in den Ort, wo sich die Ruinen von Schloß Prota
befinden sollen. Die wiedererwachte Gräfin Redziwihl sowie der Dämon
Akba lassen nicht lange auf sich warten, sie töten Cromewell und
führen Larry in den Katakomben in eine aussichtlose Situation
Meinung:
Die Geschichte um die blutgierige Gräfin Redziwihl bietet mal wieder
eine klassische Gruselatmosphäre, angefangen bei dem düsteren
Schloß über eine schaurige Legende bis hin zu einigen folgenschweren
Ereignissen aus der Vergangenheit wird alles geboten, was eine anständige
Spukgeschichte braucht. Gerade eben die Anfangshandlung sorgt für die
richtige Eingangsstimmung - auf der einen Seite aufreibende Action, jedoch
angenehm verpackt in einem Rahmen der zusätzlich auch noch schaurig
anmutet. Speziell das abergläubische Dorf und deren Bewohner, das
dramatische Aufbegehren der Frauen gegen die gnadenlosen düsteren
Mächte versprechen gleich auf den ersten Seiten eine fesselnde
Atmosphäre. Und wenn wir schon mal in Rumänien sind bietet sich
natürlich auch ein kleiner Schwenker zu dem legendären Grafen Dracula
an, der von DS so geschickt innovativ geführt wird, wie man es von ihm
häufig gewohnt ist. Das Hauptaugenmerk dieser Geschichte liegt auf den
Ereignissen im 17. Jahrhundert, denn die Untaten der Gräfin in der Gegenwart
gestalten sich dann doch recht kurzweilig. Sie geht zwar auch nach ihrem
Wiedererwachen recht blutig zu Werke, dennoch wird ihrem Treiben ziemlich
schnell ein Riegel vorgeschoben. Absoluter Störfaktor bleibt dieser
unnötige Dämon Akba, der stellenweise die Gräfin zwar
tatkräftig unterstützt, mir als Leser aber so ganz und gar nicht
in den Rahmen passen wollte; diese erzwungen wirkende Einführung der
Schwarzen Mächte hätte man sich in diesem Fall ruhig sparen
können. Dennoch wird hier eine ansprechende Gruselgeschichte geboten,
die sonst mit allen dazugehörenden Elementen versehen ist, sogar mit
einer umfangreichen Portion Erotik durch die Männermordende Figur der
Gräfin. Silvia Redziwihl hat übrigens ein reales Vorbild: die
ungarische Gräfin Elizabeth Báthory, welche ebenfalls im
17.Jahrhundert ihr Unwesen trieb, lockte zu ihren Lebzeiten mehrere hundert
junge Mädchen auf ihr Schloß, um sie dort zu brutal zu misshandeln,
zu foltern und letztendlich zu töten. Da die später entdeckten
Opfer teilweise gänzlich ausgeblutet waren, keimte der Verdacht auf
Vampirismus auf bzw. sagte man der Sadistin nach, sie hätte in dem Blut
der Ermordeten gebadet, um sich ihre Jugend zu erhalten, so wie es auch unsere
Gräfin Redziwihl anzustellen pflegt
Besonderheiten:
Iwan Kunaritschew erwähnt das erste Mal eine gewisse Anuschka, die angeblich
in Sibirien treu auf ihn wartet und den Russen mit seinem legendären
Tabak versorgt.
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Ein großartiges Werk von Meister Lonati. Tolles Licht- und Schattenspiel
zu einer schaurigen Szenerie, welche so vielleicht nicht direkt in der Handlung
vorkommt, was der Klasse dieses Bildes jedoch absolut nicht schadet.
Coverbewertung:
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild des Romanes wurde ebenfalls für den SGK Nr. 233 "Das
Rätsel der alten Gruft" von Marcos Mongo verwendet.