Professor Zamorra Nr. 903: Der Schattenkelch

Professor Zamorra Nr. 903: Der Schattenkelch


"Haste mal 'nen Euro?" Die Springerstiefel knallten noch ein letztes Mal auf den Asphalt. Dann blieb der stiernackige, stoppelhaarige Kerl, der in den Stiefeln steckte, stehen und drehte sich um. Das Lächeln, mit dem er Alain Albeau bedachte, strahlte nicht einen Hauch von Freundlichkeit aus. In diesem Augenblick wurde Albeau klar, dass er einen Fehler gemacht hatte. Einen schweren Fehler! Den schlimmsten, den ein Clochard nur begehen konnte: Er hatte die falsche Person angesprochen!


von Oliver Fröhlich, erschienen am 05.01.2009, Titelbild: Candy Kay

Rezension von Stefan (Lobo) Albertsen:


Kurzbeschreibung:
Alain Albeau, ein trauriger, schmächtiger Clochard, begeht einen schwerwiegenden Fehler und bettelt den offensichtlich rechtskadial angehauchten Frank Tetien an. Dieser verliert die Beherrschung und bringt Albeau um. Doch nur wenige Augenblicke später erwacht der Clochard zu neuem Leben und dreht den Spieß um. Tetien hat Glück zu überleben und der sichtlich etwas desorientierte Albeau, verschwindet.
Kurze Zeit später wird Professor Zamorra zum Anwesen des Industriellen Clement Luynes gerufen, wo ihn Chefinspektor Robin erwartet und bittet ihm bei einem geheimnisvollen Mordfall zu helfen. Luynes wurde tot in seinem Arbeitszimmer aufgefunden, erschlagen von einem wuchtigen Metallkelch. Aber das Zimmer war komplett verschlossen und nun stellt sich die Frage nach dem Verschwinden des Mörders (wenn es denn einen gibt. ABER: Selbstmord, bei dem man sich selber den Schädel einschlägt, scheint keine Frage zu sein). Zamorra ist etwas unschlüssig, ob Luynes' Tod tatsächlich in sein Fachgebiet fällt, aber der eigenartige Kelch mit den geheimnisvollen Symbolen darauf, interessiert ihn und so startet der Parapsychologe mittels seines Amuletts eine Zeitschau. Diese ergibt aber keinen Hinweis auf einen Mörder. Zamorra und Robin beobachten lediglich, wie der Kelch scheinbar aus dem Nichts erscheint und Luynes auf den Schädel fällt, wo er die todbringende Verletzung verursacht. Trotzdem erhält Zamorra einen Hinweis darauf, dass diese Angelegenheit etwas für ihn ist, denn er wird von einer eigenartigen schwarzen Wolke attackiert, die ihm nichts anzutun vermag, die aber andererseits auch nicht vom Amulett beeinträchtigt wird. Sie verschwindet, ohne das der Meister des Übersinnlichen eine Chance hat, sie näher zu untersuchen.
Später, auf dem Rückweg zum Chateau Montagne, wird Zamorra erneut von der Wolke angegriffen, die sich nun auch größer zeigt. Immer wieder kommt es zu kurzen Attacken und letztlich entsteht ein gewaltiges Monster - eine Mischung aus Affe und Hund - das ihn attackiert. In dieser Form löst es eine Reaktion des Amuletts aus, doch bevor dessen Blitze es treffen können verwandelt es sich einfach in die Wolke zurück und kann nicht mehr angegriffen werden. Zamorra kann das Wesen, das ihm ganz zweifellos an den Kragen will, mit Hilfe eines Tricks überlisten und vernichten und kehrt in sein Schloss zurück, wo er mittels Computer zu forschen beginnt. Nach Stunden der Recherche kann Pascal Lafitte Infos über den Kelch ermitteln. Ein ähnliches Stück existiert nämlich in einem Museum in einem kleinen Ort Nahe Brests. Außerdem gibt es Aufzeichnungen, die eine schreckliche Geschichte offenbaren, in der ein junger Zauberergehilfe beschreibt, wie sich ein Meister - Dòmhnall - in eine Auseinandersetzung zwischen dem Dämon Agamar und Lucifuge Rofocale einmischte. Agamar hatte sieben hohe Dämonen ausgeschaltet, ihre Kräfte angenommen und sich langsam auf den damaligen Ministerpräsidenten der Hölle eingeschossen, um seine Stelle einzunehmen. Nachdem es kurz so ausgesehen hatte, als würde Agamar den Kampf gewinnen, griff Dòmhnall ein, getrieben von Rachedurst (Agamar hatte nämlich seine Familie getötet), den Dämon verletzt und so Rofocale eine Chance eingeräumt, den Kampf herumzureißen und zu gewinnen. Agamar und seine Schattenhunde wurden verbannt, einer der Schattenkelche, mit deren Hilfe er die sieben Dämonen vergiftet hatte, landeten ebenfalls in der Mini-Sphäre und Dòmhnall wurde von Rofocale vernichtet. Somit werden Zamorra die geschichtlichen Hintergründe geliefert, ohne jedoch ausreichende Antworten zu liefern. Wie konnte Luynes durch den Kelch getötet werden? Wo kam dieser urplötzlich her? Was hat es mit der Attacke des Schattenhundes auf Zamorra auf sich? Und was hat der mysteriöse Clochard, der Zamorra beim Verlassen des Luynes-Anwesens auffiel, mit all dem zu tun? Zamorra ist ratlos und dann meldet Robin ihm zwei weitere Morde auf dem Luynes-Anwesen.


Meinung:
Hier unterbreche ich meine Inhaltsangabe, denn ich denke die Auflösung sollte jeder Leser für sich selber suchen. Aber meine Meinung zu diesem Roman will ich gerne kundtun. Oliver Fröhlichs Einstand in der Professor Zamorra-Reihe überzeugt von der ersten bis zur letzten Seite. Gekonnt verwebt er die mysteriösen Geschehnisse mit wohldosierter Action, feinem Humor und dem von mir so geschätzten Drama. Gerade in Sachen Humor bietet die Geschichte sehr viele gelungene Szenen, wie etwa, wenn sich der Dämon Agamar aufgrund voranschreitenden Wahnsinns mit seinen Zehen (denen er Namen gegeben hat) unterhält und diese durch Abbeißen und Vertilgen bestraft, wenn sie ihm widersprechen. Großartig! Zamorra und Robin agieren m. E. glaubwürdig und mit seinen Nebenfiguren verfährt der Autor in ebenfalls gekonnter Weise, so dass man den Roman nach anderthalb oder zwei Stunden zufrieden zur Seite legt und voller Überzeugung sagt: Mehr davon bitte! Nein, ganz ehrlich. Dieser Roman braucht sich hinter denen der altgedienten Autoren der Serie wahrlich nicht zu verstecken.


Besonderheiten:
Auftritt des Magiers Dòmhnall (Der erste? Der letzte?)
Auftritt des Dämons Agamar (Der erste? Der letzte?)


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Tja, das Cover ... das Cover. Candy Kay hat schon so viele gelungene Bilder für die Serie geschaffen. Bilder von wirklicher echter Schönheit oder doch zumindest Bilder, die einen beeindrucken oder bestimmte Stimmungen oder Atmosphären rüberbringen. Hier muss ich leider sagen, überzeugt mich die Arbeit der Künstlerin nur bedingt, denn während ich den Schattenhund noch recht gelungen finde, schüttle ich innerlich den Kopf bei der Rückenansicht von Zamorra. Ich bin, wie ich vielleicht schonmal erwähnte, Physiotherapeut, und wenn der Meister des Übersinnlichen wirklich solche Schulterblätter hätte, würde ich ihn dringlichst zu einer Behandlung bei mir bitten. Ich meine, kein Totalabsturz, aber leider auch kein Meisterwerk. Geht gerade so!


Coverbewertung:
2 Kreuze

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Professor Zamorra wird von Chiefinspector Pierre Robin in einem seltsamen Mordfall um Hilfe gebeten. Der Antiquitätensammler Clement Luynes wird erschlagen in seinem Arbeitszimmer aufgefunden, die Mordwaffe ist ein alter, geheimnisvoller Kelch, der mit Schriftzeichen verziert ist, die ein Eigenleben zu führen scheinen. Zamorra wird von dem Kelch abgestoßen, als er ihn berühren will. Sein Amulett hat eindeutig auf das Artefakt reagiert. Eine schwarze Nebelwolke entweicht dem Schattenkelch und verschwindet. Zamorra möchte zunächst Recherchen anstellen und verlässt den Tatort. Auf der Rückfahrt zum Chateau wird er von der Schattenwolke attackiert, die sich in einen dämonischen Hund verwandelt, den Zamorra nur mit Mühe bezwingen kann. Für den Parapsychologen steht fest, dass er einem brandheißen Fall auf der Spur ist. Diese Annahme wird bestätigt, als Robin in anruft und von dem Mord an der Chefköchin und dem Chauffeur des Antiquitätensammlers informiert. Zamorra begreift, dass es noch mehr Schattenhunde gibt, die die Rückkehr ihres Meisters, eines mächtigen Dämons, vorbereiten, der einst sogar Lucifuge Rofocale die Stirn bot…


Meinung:
Mit diesem Roman gibt ein weiterer neuer Autor seinen Einstand. Oliver Fröhlich, der vor nicht allzu langer Zeit harsche Kritik an der Serie übte, erhielt die Chance einen Zamorra-Roman nach seinem Gutdünken zu schreiben. Und das Endergebnis kann sich sehen, beziehungsweise lesen, lassen, denn Fröhlich hat es verstanden einen unterhaltsamen, knackigen PZ-Roman zu schreiben, der mit interessanten Gegnern, einer neuen Idee und einem spannenden Handlungsablauf aufwartet. Auch in der Charakterisierung Zamorras erweist sich der Autor als sicher, hat er doch selbst lange Jahre die Serie gelesen und weiß demnach worüber er schreibt. Als Nebenfigur tauchen lediglich Pierre Robin und Pascal Lafitte auf, die Fröhlich schlüssig in die Handlung integriert, wobei es schade ist, dass Robins Assistent und der Polizeiarzt mit keiner Silbe erwähnt werden. Auch Nicole Duval wurde mit der lapidaren Erklärung eines Einkaufsbummels in Paris von den Geschehnissen ausgeschlossen. Im Kontext der, nicht unerheblichen, Bedrohung durch die Schattenhunde ein wenig unglaubwürdig, zumal Zamorra noch mit seiner Gefährtin telefoniert, und diese es sich eigentlich nicht nehmen lassen würde, an der Dämonenhatz teilzunehmen. Ein wenig überraschend, aber durchaus gelungen ist der Cameo-Auftritt von Lucifuge Rofocale, der ja bekanntlich in der Hölle der Dämonen schmort, aber in der Vergangenheit so einiges angerichtet hat, dass bis heute seinen Einfluss ausübt. Stilistisch erfreut Oliver Fröhlich mit einer minimalistischen, flüssigen Schreibe, dramatischen Action-Szenen und wohldosierten Prisen feinen Humors. Besonders die Vorstellung, dass ein grausamer Dämon in der Verbannung beginnt seinen Zehen Namen zu geben und mit ihnen zu reden ist einfach herrlich.
Fazit: Einer der überzeugendsten und besten Debüt-Romane innerhalb der Serie. Bitte mehr davon…


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Candy Kay hat ein ordentliches Cover abgeliefert, das eine herausragende Szene darstellt. Glücklicherweise hat sich die Künstlerin dazu entschieden, den Protagonisten von Hinten zu zeigen. Eine beliebte Pose, die auch schon Vicente Ballestar gerne wählte, um den Serienhelden John Sinclair nicht zu oft ein Gesicht geben zu müssen.


Coverbewertung:
3 Kreuze