Professor Zamorra Nr. 795: Entführt in die Totenstadt
Der Widerstreit seiner Gefühle verhinderte, dass Zamorra die richtigen
Worte fand. Er starrte den kleinen Zettel an, den er in den Händen hielt.
"Bist du erfolgreich, gewinnst du falsche Freunde und echte Feinde. Sei
dennoch erfolgreich." Verdammt! Waren sie alle, war er selbst nichts
weiter als ein falscher Freund gewesen? Da das Schweigen schon zu lange
währte, beschloss er, die Worte als Beginn seiner Ansprache zu lesen.
Als er den Mund öffnen wollte, sah er eine Träne in Nicoles
Augenwinkel. Er wusste, dass sie ihn verstand: Er hatte eine Aufgabe
übernommen, die ihn überforderte. Er eignete sich einfach nicht
als Trauerredner...
von Christian Montillon, erschienen am 16.11.2004, Titelbild: Kike
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Asha Devis Sohn Vasu wird aus dem Hauptquartier der Demon Police entführt,
wobei die Kinderbetreuerin Prithivi erschossen wird. Ashas Vater Ramesh
informiert Zamorra und Nicole, die umgehend nach Indien reisen, um der
suspendierten Asha zu helfen, die natürlich alles andere als begeistert
reagiert, doch das Erscheinen von Shiva persönlich stimmt sie milde.
Gemeinsam suchen die drei Gefährten einen blinden Wahrsager auf und
erfahren, dass Vasu zu einer Leichenverbrennungsstätte gebracht wurde,
von wo aus er nach Yamapura gerbacht wurde, der Totenstadt. Dort herrscht
der Totengott Yama, der durch den Halbgott Vasu Brahma selbst vom Thron
stoßen will. Durch eine magische Beschwörung gelangen Asha, Zamorra
und Nicole in die Totenstadt, wo sie sich gegen allerlei Monster und
Dämonen zur Wehr setzen müssen. Als Yama selbst auftaucht
schließt er mit Zamorra eine Vereinbarung: Wenn der Professor den Kampf
gegen eines seiner Monster gewinnt, dürfen er, Asha Devi und Nicole
Yamapura wieder verlassen. Doch Asha greift plötzlich in den ungleichen
Kampf ein und wird von dem Monster tödlich verwundet. Zamorra vernichtet
den Unhold und Yama versetzt die drei zurück auf die Erde, in dem festen
Bewusstsein, dass Vasu sich immer noch in seiner Gewalt befindet. Doch
während Zamorra und Asha kämpften und Yama ablenkten, gelang es
Shiva Vasu zu befreien. Der Halbgott wird nach Ashas Tod von den Göttern
selbst aufgezogen werden. Zamorra und Nicole erfahren von dem Mondgott, dass
Asha eine Erleuchtete war, die ihre Arroganz und Rücksichtslosigkeit
nur zur Schau trug, um andere Menschen auf den richtigen Weg zu leiten.
Meinung:
Mit diesem Roman endet das Kapitel um die ruppige Polizeiinspektorin Asha
Devi, einen sehr interessanten Charakter des Zamorra-Universums. Schade,
ich hatte mich gerade an die Figur gewöhnt, auch wenn mir die
Verhätschelungen ihres Kindes sehr auf den Geist gingen. Zudem finde
ich den Zeitpunkt für Ashas Ableben reichlich ungeeignet. In letzter
Zeit sind so viele Hauptpersonen ausgeschieden, dass man fast den Überblick
verliert. Andererseits spielt das Leben ja auch nicht nach Regeln und lässt
selten Zeit zum Luftholen. Beklagen, dass in der Serie nichts geschehen
würde, kann man sich jedenfalls wahrhaftig nicht, obwohl ich eher annehme,
dass dieser Schritt eine Notwendigkeit war, da Roger Clement das Autorenteam
ja verlassen hat. Christian Montillon hat sich jedenfalls super in die Materie
eingearbeitet und die Charaktere glaubhaft dargestellt. Besonders gut fand
ich den Hinweis auf Band 95, in dem Yama ja bereits seinen ersten Auftritt
in der Serie hatte. Die ersten Romane der Serie werden ja sonst eigentlich
gerne totgeschwiegen. Passend dazu ist folgendes Zitat aus diesem Heft:
"Damals waren die Zeiten und die Abenteuer, die sie zu bestehen hatten,
noch völlig anders gewesen. Manchmal kam es ihnen so vor, als wären
sie damals wild von einer Auseinandersetzung in die andere gestolpert, ohne
Plan, ohne ein konkretes Ziel vor Augen." Diese Formulierung ist auch
ohne weiteres auf die damaligen Autoren anzuwenden, die sich ja nicht
abgesprochen haben und somit auch kein Konzept entwickeln konnten
(Anmerkung des Autors Christian Montillon: Genauso
habe ich es auch gemeint und beim Schreiben geschmunzelt! Gut
gemerkt.) Zum Ende hin sinkt die Qualität des Romans leider
etwas, da meiner Meinung zu abrupt versucht wurde, das Kapitel um Asha Devi
und ihren Sohn zu einem befriedigenden Ende zu bringen. Der Tod der Inspektorin
wird geradezu überstürzt und quasi nebenbei abgehandelt. Dann
erklärt Shiva mal eben, dass Vasu jetzt bei den Göttern bleibt
und Zamorra auch nicht mehr dessen Künder ist, denn der arme Mann hat
ja so viel um die Ohren. Als ob das nicht genug wäre, wird Asha auch
noch als Erleuchtete dargestellt, die auf Erden bereits jene Vollkommenheit
erreicht hat, von der Mutter Theresa nur träumen kann. Na ja, wer's
mag. Ansonsten ist dieser Roman erste Klasse gewesen, rasant geschrieben
und spannend zu lesen. Doch so ganz scheint das Thema indische Mythologie
und Asha Devi noch nicht abgeschlossen zu sein, denn ihr Bruder lebt ja
schließlich noch, oder irre mich da?
Besonderheiten:
Asha Devi stirbt in Yamapura und geht ins Nirwana ein.
Vasu wird von Shiva adoptiert und Zamorra von seiner Rolle als Künder
entbunden.
Sergeant Prithivi wird erschossen.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Düster und detailliert gezeichnet, hat leider mit dem Roman nicht das
geringste zu tun. Man kommt sich fast vor, wie zu Beginn der Serie, wo auch
kaum ein Titelbild zum Inhalt passte.
Coverbewertung:
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Auf dem im September 1991 erschienenen italienischen Comic-Magazin LANCIOSTORY
Nr. 35 war dieses Motiv ebenfalls auf dem Cover abgebildet: