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"Xamotecuhtli!" Ein Ausruf wie ein Schrei, in dem sich eine ganze
Gefühlskala ausdrückte: Überraschung, Begeisterung, Ehrfurcht,
Hoffnung. Professor Zamorra setzte den Eiskaffee ab, den er gerade zum Mund
führen wollte, und blickte erstaunt hoch. Vor ihm stand ein Indio. Mitte
zwanzig, gekleidet in die Tracht der Leute des Hochlands. Der Mann machte
einen gehetzten Eindruck. Schweiß bedeckte sein Gesicht, und die schwarzen
Haare klebten auf seiner Stirn. An seinem Arm baumelte ein abgewetzter
Lederbeutel. Überraschendes geschah. Der Indio beugte sich nach vorn,
fiel auf die Knie. Mit beiden Armen umklammerte er Zamorras Unterschenkel.
Sein Gesicht näherte sich dem Erdboden, preßte sich auf die Schuhe
des Professors, bedeckte sie mit Küssen. Dann, immer noch kniend im
Staub der Straße, hob er die Augen. ,Xamotecuhtli! Herr... Hilf mir!"
Da war ein Flehen in seiner Stimme, das durch Mark und Bein ging. Und in
den dunklen Augen lag ein Ausdruck, der Eis zum Schmelzen gebracht hätte.
Zamorra wußte nicht so recht, wie er eich verhalten sollte. Ein Bettler,
der fünf Pesos haben wollte? Nein, der Mann machte eigentlich nicht
den Eindruck, daß er von milden Gaben lebte. Der Professor tauschte
einen Blick mit Nicole Duval und Bill Fleming, die mit ihm zusammen hier
draußen unter dem Baldachin des kleinen Straßencafes im Herzen
der Altstadt von Mexiko saßen. Sie verstanden ebenfalls nicht. Nicoles
volle Lippen hatten sich vor Erstaunen leicht geöffnet, und der junge
Historiker aus New York zuckte die Achseln. Zamorra sah wieder hinunter auf
den Mexikaner, der noch immer seine Beine umklammert hielt, als wolle er
sie nie mehr freigeben. .Stehen Sie auf, Mann", sagte er. "Lassen Sie doch
den Unsinn." Der Indio machte keine Anstalten, der Aufforderung nachzukommen.
Im Gegenteil, sein Griff verstärkte sich noch. Zamorra kam sich vor
wie ein Strohhalm, an den sich ein Ertrinkender klammerte.