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Mit einem halberstickten Seufzer schreckte der Mann aus dem Schlaf. Irgend
etwas hatte ihn geweckt, ihn unsanft und gegen seinen Willen aus der Weit
seiner Träume in die Wirklichkeit des zwar luxuriösen, aber trotzdem
unpersönlichen Hotelzimmers gerissen. Es dauerte eine Weile, bis der
Mann wieder wußte, wo er sich befand und was er erlebt hatte. Seine
Gedanken waren erfüllt von dem Bild einer Frau, eher eines Mädchens,
das ihm völlig den Kopf verdreht hatte. Gert Rall, so hieß der
Mann, lächelte bei dem Gedanken, daß er verliebt war wie ein
Oberschüler nach der ersten Tanzstunde. Sein Blick wurde träumerisch
als er sich an die vergangene Nacht erinnerte. Dabei fiel ihm auch ein, was
sich verändert hatte und ihn vielleicht geweckt haben konnte. Die
Balkontür stand weit offen, und der Vorhang bauschte sich im lauen Wind.
Gert Rall schaute sieh um und stellte lest, daß das Mädchen
verschwunden war. Das Kopfkissen neben ihm sah aus, als hätte nie jemand
darauf gelegen. Das gleiche galt für die Bettdecke. Verwirrt hob Gert
Rall die Hand und wollte sich die Haare aus der Stirn streichen, als er mitten
in der Bewegung verharrte. Ein Gurgeln entrang sich seiner Kehle. Als
stünde er dem Horrorwesen aus einem Alptraum gegenüber, so starrte
er mit geweiteten Augen auf seine Hand. Die Haut war welk, verbraucht, die
Finger wie von Gicht gekrümmt, und braune Altersflecken bildeten zum
Blau der Adern unter der Haut einen makaberen Kontrast. Es wer die Hand eines
Greises - und Gert Roll war erst zweiunddreißig Jahre alt. Der auf
so schreckliche Weise Verwandelte rollte sich in fieberhafter Hast aus dem
Bett und stürzte hinüber zur Balkontür. Ein völlig
irrwitziger Gedanke war ihm durch den Kopf gezuckt. Sollte das Mädchen
etwa ... ? Auf dem Weg zum Balkon kam er an einem antik wirkenden Schmuckspiegel
vorbei. Unabsichtlich wandte er den Kopf - und schrie entsetzt auf. Er schaute
direkt in das Gesicht eines uralten und ihm fremden Mannes!