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Rawisa spürte, wie die Dornen sich durch das dünne, bunte Gewand
bissen. Sie fühlte im Laufen die kleinen Rinnsale von Blut, die von
ihren Knien und Waden an ihren Beinen hinabliefen. Sie spürte es und
kümmerte sich nicht darum. Sie wußte nur zu gut, was sie erwartete,
wenn sie in die Hände der Gelben Furien fiel. Man würde sie zum
Tempeltanz zwingen. Und der Große Shuri machte sich eine verderbliche
Freude daraus, sich die jungen Tamilenmädchen zu Willen zu machen. Nein,
sie mußte diesen Bestien entkommen, die sich äußerlich als
Gelbe Mönche gaben und in Wirklichkeit nur Handlanger eines schmutzigen
Tempelgeschäftes waren, bei dem Rache und Grauen herrschten. Nur nicht
in die Gewalt des Großen Shuris geraten! Nicht in die Gewalt dieses
grauenvollen Geistes einer vergangenen Zeit, da die Könige der Tamilen
und der Singhalesen um die Herrschaft der grünen Insel stritten. Rawisa
lief und lief. Ihre Füße schmerzten. In ihrem Kopf pochte das
Blut und drohte ihre Adern zu sprengen. Und fast körperlich spürte
sie den Atem der hetzenden Furien hinter sich. Sie wußte, daß
man ihr den Weg abschneiden würde. Sie mußte versuchen, von diesem
Waldweg auf den Pfad zu gelangen, der zurück auf die Straße
führte. Dort könnte sie um Hilfe rufen, würde Menschen finden,
die sie beschützten. Aber hier, auf den schmalen Trampelpfaden zwischen
Dickicht und Bäumen, zwischen den gefährlichen Lianenpflanzen und
dornigen Büschen, hier in der Mitte des Regenwaldes, war sie auf sich
allein gestellt. Sie versuchte, sich selber anzuspornen. Lauf, Rawisa, sagte
sie zu sich. Du mußt den Furien entkommen! Nimm deinen ganzen Mut zusammen!
Du willst nicht in ihre Gewalt kommen, wie die vielen anderen Mädchen
vor dir!