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"Hexe!" Vielstimmig und voller Wut gellte der Schrei über den Dorfplatz.
Die gesamte Einwohnerschaft der kleinen Ortschaft Coryhead hatte sich auf
dem Marktplatz versammelt. Sie bildeten einen undurchdringlichen Ring um
den riesigen Scheiterhaufen, der unweit der alten Eiche mitten auf dem Platz
aufgeschichtet worden war. "Hexe! Hexe! Hexe!" Wieder und wieder ertönte
der Ruf. Der Wind riß die Worte von den Lippen der Leute, schleuderte
sie gegen die Mauern der niedrigen Häuser und warf sie weit hinaus in
die trostlose Landschaft. Wolkenfetzen jagten über den Himmel. Riesige
graue Gebilde türmten sich am Firmament auf und zerstoben in wallende
Schleier, um sich zu neuen Phantasiegestalten zusammenzufinden. Es war die
Zeit der Herbststürme. Hier an der nördlichen Küste von Wales
tobten sie immer mit urtümlicher Gewalt, peitschten die Wogen der irischen
See gegen den Strand, und niemand wagte es zu dieser Jahreszeit ohne triftigen
Grund die schützende Wärme seiner Behausung zu verlassen. Doch
jetzt hatte man sich versammelt, jetzt, heute an einem trüben Nachmittag
des Jahres 1625. "Hexe! Hexe!" Die wilde Gier brannte in den Augen der Menschen,
die wilde Gier, endlich Blut zu sehen. Das Blut einer Frau, einer Unschuldigen.
Doch in ihrem Wahn, in ihrer Besessenheit, verschwendeten die Schreier keinen
Gedanken an diese Frage. Wer gab ihnen das Recht, eine aus ihrer Mitte zu
verfluchen?