Professor Zamorra Hardcover Nr. 17: Todesflüsse
Diese Anthologie versammelt neun Kurzgeschichten um den Meister des
Übersinnlichen.
Dunkle Hinterlassenschaften, tödliche Früchte, teuflische
Verträge, das Überlebenwollen um jeden Preis, geheimnisvolles
Mumienpulver und mysteriöse Videos vermischen sich zu einem höllischen
Potpourri. Die Hochzeit einer alten Studienfreundin Nicole Duvals dient
keinesfalls der Erholung gestresster Dämonenjäger. Und wenn es
am Ende um einen »Rückzauber« geht, verschlägt es Professor
Zamorra fast die Sprache. Doch dieses eine Mal ist es alles andere als ernst
...
von Christian Montillon, erschienen im März 2006, Titelbild: Werner
Öckl
Rezension von
Olsen:
Kurzbeschreibung:
In "Die dunkle Erbschaft" erhält Zamorra ein geheimnisvolles Tagebuch,
dessen Autor von seinem tödlich verunglückten Sohn erzählt
- und davon, dass der aus dem Sarg zurückgekehrt ist. Eine Gabe (oder
ein Fluch?), die er dem Großvater des Tagebuchverfassers zu verdanken
hat.
Die Titelstory "Todesflüsse" erzählt von einer unheimlichen Mordserie,
an der Schneewittchens Stiefmutter ihre helle Freude gehabt hätte. Die
einzige Spur, die Zamorra hat, findet er in seinen Träumen - in
Träumen von Flüssen aus Blut.
"Tag des Sterbens" präsentiert eine sehr reizvolle Idee: Was geschah
im Zamorra-Universum eigentlich mit den klassischen faust'schen Verträgen,
die Menschen mit Asmodis abgeschlossen hatten, als Asmodis sein Amt als
Höllenherrscher niedergelegt hatte? Welche "rechtlichen" Möglichkeiten
hat Asmodis' Gesamtrechtsnachfolgerin Stygia, auf Einhaltung der Verträge
zu bestehen?
"Der Selbstmörder" erzählt von einem jungen Mann, der versucht,
den Selbstmord seines Vaters zu verarbeiten. Da der Vater Mitglied einer
teuflischen Sekte war, interessiert sich auch Zamorra für den Fall.
Und schnell muss er feststellen, dass die Sekte keineswegs Schuld am Tod
des Mannes hat.
In "Traumfrau" sind Nicole und Zamorra Gäste einer Hochzeit. Nicht genug
damit, dass Nicole unter den Feiernden eine Doppelgängerin von sich
selbst entdeckt, es stellt sich auch noch heraus, dass unter den Gästen
mehr als dreißig Werwölfe versammelt sind - und dass die
Hochzeitsfeier nichts anderes ist als eine gigantische Falle.
"Wundermittel" handelt von einem Wissenschaftler, dem es mit Hilfe eines
Mumienpulvers gelungen ist, sein Leben zu verlängern. Ein Thema, für
das sich natürlich auch Professor Zamorra interessiert.
"Der Clou" berichtet von einem Horror-Video, das dem Professor in die Hände
gespielt wurde. Und in dem eine Dämonin den Auftrag erteilt, ihr den
Kopf von Professor Zamorra zu bringen.
"Dämmern" schildert in eindringlichen ... nun ja ... äh, Worten
(?) ..., wie es Torre Gerret in der Hölle der Unsterblichen ging.
Und zuletzt "Die Rückkehr", eine Story die als Satire verstanden werden
will, erzählt von einem gefährlichen Rückzauber und von dem
Grund, warum in allen Gruselserien immer wieder längst vernichtete Feinde
auftauchen.
Meinung:
Bereits als ich vor drei Monaten in der Vorschau gesehen habe, dass uns HC
17 mit Kurzgeschichten unterhalten will, hatte ich gewisse Zweifel, dass
dieses Unterfangen bei mir funktionieren wird. Und ich muss sagen: Meine
Zweifel haben sich leider bestätigt. Ich persönlich kann mit dem
Format der Kurzgeschichte nur bedingt etwas anfangen, und selbst in den
Kurzgeschichtensammlungen von Stephen King oder Clive Barker sind nur ganz
wenige Storys enthalten, die mich wirklich packen (und die sind dann meistens
so lang, dass sie schon fast wieder kurze Romane sind). Ich habe leider bei
fast allen Geschichten gewisse Probleme damit, die Motivation der handelnden
Figuren nachvollziehen zu können. So manch geschilderte Falle erscheint
mir zu mühsam konstruiert. Und die Figuren bleiben mir alle zu blass.
Wenn z.B. eine verlassene Ehefrau ihren vermeintlich untreuen Gatten am Ende
einer Geschichte erschießt, würde ich mir wünschen, dass
bereits in der anfänglichen Charakterisierung der Ehefrau etwas wie
Jähzorn oder ähnliches angelegt worden wäre. So kann ich ihr
diesen letzten, entscheidenden Schritt (der zugleich der Witz an der ganzen
Story ist) aber einfach nicht glauben. Die Grundidee mancher Geschichten
ist sicherlich sehr reizvoll, man wäre ihnen aber vielleicht gerechter
geworden, wenn man ihnen mehr Platz eingeräumt hätte, sich zu
entwickeln. Jede Rezension ist grundsätzlich natürlich eine subjektive
Angelegenheit, so dass es eigentlich nicht nötig wäre, darauf noch
einmal hinzuweisen. Aber gerade bei einer Rezi zu einem Buch von einem Autoren,
den ich sehr schätze, möchte ich es dennoch tun:
Kurzgeschichtensammlungen gefallen mir nur in Ausnahmefällen! Dieses
hier ist leider keiner. Deshalb gebe ich völlig subjektive 2 Kreuze.
Besonderheiten:
Das Buch ist kein durchgehender Roman, sondern eine Sammlung von
Kurzgeschichten.
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Ich kann mir nicht helfen, aber sonderlich sympathisch wirkt Professor Zamorra
auf diesem Cover nicht. Ansonsten ein ganz normaler Gruselcover.
Coverbewertung:
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Die dunkle Erbschaft: Zamorra erhält ein Tagebuch anonym
ausgehändigt, in dem ein verzweifelter Mann von der Auferstehung seines
toten Sohnes berichtet. Scheinbar war der Vater des Tagebuchschreibers ein
Teufelsdiener, der seine eigene Familie verflucht hat ...
Todesflüsse: Grauenhafte Mordfälle geschehen in Paris, deren
Auslöser magisch verseuchte Äpfel sind. Zur selben Zeit träumt
Zamorra in einem Fluss aus Blut zu schwimmen, an dessen Ufern ein Baum steht,
der Äpfel trägt, welche das Blut des Todesflusses in sich tragen
...
Tag des Sterbens: Stygia ist außer sich: Ein Mann hat vor 500
Jahren seine Seele dem Teufel verkauft und soll nun nach Ablauf der Frist
vom Höllenfürsten persönlich getötet werden. Doch Asmodis
hat die Hölle verlassen und spricht den Mann frei. Stygia aber will
ihr Gesicht nicht verlieren, darf aber selbst keine Hand an den Mann legen.
Einmal mehr muss die Höllenfürstin beweisen, dass sie eine Meisterin
der Intrige ist.
Der Selbstmörder: Eine tragische Familiengeschichte. Um das eigene
Leben zu verlängern, ist ein Vater bereit, das Leben des eigenen Sohnes
zu opfern.
Traumfrau: Nicole und Zamorra werden auf eine Hochzeit geladen. Doch
auch dort können die Dämonenjäger nicht ausspannen, denn
blutgierige Werwölfe warten auf ein Festmahl des Grauens.
Wundermittel: Professor Zamorra hält eine Gastvorlesung und gibt
seinen skeptischen Studenten Einblick in die Möglichkeiten der regenerativen
Wirkung eines Mumienpulvers.
Der Clou: Am Ende eines verstörenden Gewaltvideos, verlangt eine
Dämonin nach Zamorras Kopf. Bald finden der Parapsychologe und seine
Gefährtin heraus, dass sie es mit einem Snuff-Film der übelsten
Sorte zu tun haben; und laufen der Vampirdämonin direkt in die Falle
...
Dämmern: Torre Gerrets Leidensweg in der Hölle der
Unsterblichen.
Die Rückkehr: Einmal mehr versucht sich unser geschätzter
Akademiker an neuen Zaubersprüchen, deren Auswirkung diesmal allerdings
eher erheiternd, denn lebensbedrohlich sind. Und so ganz nebenbei wird die
Frage geklärt, wieso eigentlich alle Geisterjäger früher oder
später mit dem Phänomen der wiederkehrenden Erzfeinde konfrontiert
werden.
Meinung:
Endlich mal eine kleine Anthologie, welche bizarre Erlebnisse aus dem
ereignisreichen Leben von Professor Zamorra erzählt, die nicht dazu
ausreichen einen ganzen Heftroman zu füllen. Begrüßenswert
ist dabei auch das Wegfallen der Rahmenhandlung, welche bislang immer als
Grundgerüst für ähnliche Projekte in den Heftromanserien "Larry
Brent" und "Professor Zamorra" herhalten musste. Wie so oft in Storysammlungen
werden nicht alle Geschichten Begeisterungsstürme auslösen, denn
eine gute Anthologie zeichnet sich durch Abwechslung aus, was zwangsläufig
dazu führt, dass der Geschmack des Lesers nicht immer voll getroffen
wird. Wenn die Geschichten aber alle von einem Autor stammen, den man auch
sonst gerne liest, ist die Zahl der "schlechteren" Erzählungen ungleich
geringer. Mir persönlich gefiel eigentlich nur die titelgebende Story
Todesflüsse nicht wirklich. Waren mir die Erklärungen, weshalb
Zamorra nun diese Träume hatte und auch die Gründe für die
Vorgehensweise dieses übermächtigen Wesens doch ein wenig zu weit
hergeholt. Zumal die Story für eine Kurzgeschichte auch zu viel Handlung
auf einem zu engen Raum unterzubringen versuchte. Hier hätte Herr Montillon
die Geschichte ruhig in der Schublade lassen können, um sie ein anderes
Mal als Heftroman herauszubringen. Eine sehr gute Idee, war die Komplikationen
anzusprechen, die auftreten, wenn eine Klausel aus einem Höllenvertrag
eingelöst werden soll, aber der Initiator dieses Vertrages der Hölle
längst den Rücken gekehrt hat. Leider fällt dem aufmerksamen
Leser auch ein kleiner Logikfehler auf, denn es steht geschrieben, dass dem
Langlebigen während der Vertragslaufzeit kein Dämon etwas anhaben
darf. Dennoch hat Gryf den Mann vor Vampiren gerettet. Nun, gerettet werden
muss nur der, der in Gefahr schwebt. Wenn Dämonen ihm aber nicht antun
dürfen, sehe ich auch keinen Rettungsbedarf. Dennoch eine sehr gute
Geschichte, die allein durch ihren Plot alle kleinen Ungereimtheiten wett
macht. Hervorzuheben ist auch die Story Dämmern, welche unter den Lesern
wohl sehr ambivalent aufgenommen werden wird. Doch für mich ist es eine
hervorragende Geschichte, und dass nicht nur, weil man sie ziemlich schnell
lesen kann, sondern auch weil man treffender wohl die Leiden in der Hölle
nicht schildern kann. Für so etwas reichen Worte einfach nicht aus.
In der letzten Geschichte des Bandes, wird wieder einmal bewiesen, dass im
Zamorra-Universum nicht immer alles todernst ablaufen muss und immer wieder
mal Freiraum für eine gute Satire besteht. Dabei kommen sogar die
John-Sinclair-Fans auf ihre Kosten, denn nun endlich kennen wir die wahren
Gründe für die Rückkehr des Schwarzen Tods, auch wenn die
letzte Fußnote leider nicht mehr erklärt wurde
(Anmerkung des Autors Christian Montillon:
Tatsächlich... es ist nach "Der Schwarze Tod war nicht mehr, obwohl
er in edler Aufmachung zurückgekehrt war." Die fehlende Fußnote
ist ein kleiner Gag: "in Leinen und Schutzumschlag, sozusagen") War
wohl ein Versehen beim Druck, dass die verschwunden ist.. Apropos Sinclair:
Der Geisterjäger wird in diesem Band sogar mit einem Zitat gewürdigt,
welches am Anfang zu der Kurzgeschichte "Traumfrau" zu finden ist.Alles in
allem ein sehr gelungenes Experiment, dass man auf jeden Fall wiederholen
sollte.
Besonderheiten:
Jede Menge.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Zamorra wurde recht gut getroffen, auch wenn der Blaster irgendwie wie ein
Ersatz für seine Männlichkeit gedeutet werden könnte. Auch
die Dämonen wurden anschaulich präsentiert, wobei auch meine Favoritin
die nette Dame rechts im Bild ist ...
Coverbewertung: