Monstrula Nr. 10: Der Puppenmörder im Blutrausch
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Der Fernseher lief ohne Ton. Das Bild flimmerte, weil sich der Mann nicht
die Mühe genommen hatte, die Antenne richtig einzustellen. Es kam ihm
auch nicht auf ein schönes Bild an, sondern nur darauf, die
fürchterlichen Auswirkungen seines tückischen Zaubers auf der
Mattscheibe verfolgen zu können. - Die Kamera schwenkte über einen
vollbesetzten Saal und dann zur Rednertribüne. Hinter dem Pult stand
ein hochgewachsener weißhaariger Mann, der mit weitausholenden Gesten
sprach. Am unteren Rand erschien die Leuchtschrift mit dem Namen des Redners.
Derrick Avondale. Der Mann vor dem Fernseher verzog seinen Mund zu einem
grausamen Lächeln. Dann griff er nach einer Schale mit goldenen Nadeln,
nahm eine Nadel heraus und stach sie tief in die Stirn einer vor ihm liegenden
Puppe. "Du bist jetzt Derrick Avondale!" murmelte er beschwörend,
während er die Nadel in das weiche Material drückte. Die zweite
Nadel senkte er in die linke Brusthälfte der Figur, in die Herzgegend.
"Durch die Nadel in deinem Herzen stelle ich die Verbindung mit dir her,
Derrick Avondale", sprach der Mann in singendem Tonfall weiter. "Alles, was
ich deinem Abbild zufüge, geschieht auch mit dir selbst." Mit bebenden
Fingern. umfaßte er zwei goldene Nadeln, in jeder Hand eine. Gleichzeitig
rammte er die Werkzeuge seiner Beschwörung in die Knie der Puppe, die
etwa so groß wie ein Baby war.
von M.R. Richards, erschienen am 06.01.1975, Titelbild: Olof Feindt
Rezension von
Adee:
Kurzbeschreibung:
Und mit der Nadel im Puppenknie fängt es an. Derrick Avondale, der Leiter
des Wallwood College, bricht vor laufender Kamera gelähmt zusammen.
Jack Callum, der einen Bericht über das College schreiben soll, erkennt
sofort den Einfluss des Bösen und setzt sich auf die Spur, indem er
sich als Gastdozent verdingt.
Die Lehranstalt entpuppt sich als unerfreulicher Ort, da sich die Lehrer
mehr oder weniger offen befehden. Physiklehrer Bramber beschuldigt seine
Kollegen, ihn vergiften zu wollen, Englischlehrer Morley sieht sich schon
als der neue Boss, Mathematiklehrer Deer sieht sich einer Anklage wegen
Unterschlagung gegenüber.
Nach Callums Eintreffen überschlagen sich die Ereignisse. Offensichtlich
dreht der Mann mit den Silbernadeln durch. Ein Schüler wird übernommen
und rennt vor den Bus, der ihn überrollt. Eine normalerweise harmlose
Schlange aus dem Terrarium erstickt einen der Lehrer. Und Jack Callum kann
sich nur mit seinem magischen Ring vor einer tödlichen Attacke
schützen.
Wie sich herausstellt, gehört der Mörder einer Gruppe an, die einen
Dämon anbetet, und kennt sich daher in der tödlichen Magie aus.
Seine Identität bleibt bis zur vorletzten Seite geheim; bis dahin sind
die meisten Lehrer allerdings schon auf die eine oder andere grässliche
Weise gestorben, sodass die Auswahl nicht mehr groß ist. Am Ende steht
ihm Callum gegenüber und läuft in die Falle.
Meinung:
Um es vorwegzunehmen, was der herrlich schundige Titel verspricht, hält
der Roman dann doch nicht :-) Auch wenn die Zeile direkt aus dem Manuskript
übernommen ist. Käufer, die sich von diesem Titel anlocken
ließen, dürften vermutlich eher enttäuscht gewesen sein,
als sie es mit einem biederen Handlungsort und einem klassischen Krimiplot
zu tun bekamen und sich der Blutrausch doch eher als Schwips entpuppte.
Hier ist jeder verdächtig, jeder hat ein Motiv, und Jack Callum ist
mittendrin. Obwohl es um magische Puppen und Nadeln geht, gibt es von Voodoo
keine Spur. Trotzdem gibt es wie immer ein paar innovative Morde. Der
Schlangenmord ist schön eklig "Im erbarmungslos hellen Schein der
Schreibtischlampe schimmerte ihm bläulich verfärbt das aufgedunsene
Gesicht des Mathematikers entgegen. Die Augen quollen unter den schweren
Lidern hervor. In dem weit aufgerissenen Mund steckt der Körper einer
Schlange" -, und auch ansonsten geht es gewohnt deftig zur Sache.
Sicherlich ist das Motiv des Mörders schrecklich banal was ist so toll
daran, zum Schulleiter aufzusteigen? -, aber dieses Mal sind Motivation und
Werdegang des Bösen nachvollziehbar dargestellt und wichtiger Teil für
die Geschichte. Der Schauplatz ist zwar wenig spektakulär und leidet
wie alle Heftromane dieser Zeit unter mangelnder Authentizität, dafür
ist die Mörderjagd ganz spannend und bietet einen soliden
Gruselkrimi.
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Genial-trashiger Titel mit einem entsprechenden Titelbild.
Coverbewertung: