Monstrula Nr. 1: Der Fluch des Geistes

Monstrula Nr. 1: Der Fluch des Geistes


Das Mädchen richtete sich im Bett auf. Durch das Fenster fiel bleiches Mondlicht. Es beleuchtete das Gesicht Jack Callums, der neben Dorothy lag und schlief. Endlich war er eingeschlafen, nachdem ihn ein tropfender Wasserhahn und die knarrenden Bettfedern daran gehindert hatten. Dorothy wollte sich wieder hinlegen, als ihr eine eiskalte Hand über den Rücken fuhr. Sie drehte sich um und öffnete den Mund zu einem grauenvollen Schrei. Doch eine Knochenhand schnürte ihr die Kehle zu. Aus weit aufgerissenen Augen starrte sie in das entstellte Antlitz einer halbverwesten Leiche. Fleischfetzen und losgetrennte Adern quollen aus dem aufgeschlitzten Hals des Scheusals. Neben dem halbverfaulten Kadaver tauchten andere Gestalten auf, Hexen mit rotglühenden Augen, Werwölfe mit gefletschtem Gebiß und stinkendem Atem, Vampire und Greuelwesen mit verstümmelten Körpern, Totengerippe und Molche. Sie alle drängten sich an das Bett, streckten ihre Klauen nach dem Mädchen aus und schnappten gierig nach dem zarten, jungen Körper. Der erste Biß riß ein Stück Fleisch aus Dorothys Oberschenkel. Blut strömte aus der tiefen Wunde und durchtränkte das Laken. Das Mädchen warf sich verzweifelt hin und her, doch immer mehr Bisse zerfleischten ihren Leib. Krallen, Klauen und Zähne zerstückelten die Sterbende.


von M.R. Richards, erschienen am 02.09.1974, Titelbild: Olof Feindt
Rezension von Adee:


Kurzbeschreibung:
Jack Callum, einer der Starreporter des britischen Nachrichtenmagazins NEWS, und seine Verlobte Dorothy verbringen ein romantisches Wochenende in einem Hotel außerhalb von London. In der Nacht wird Dorothy von Dämonen auf grausame Weise getötet, während ihr Freund in einem todesähnlichen Schlaf neben ihr liegt und nichts davon mitbekommt. Die Dämonen lassen die Leiche verschwinden.
Zwei Jahre später: Jack, der seinerzeit nur um Haaresbreite einer Mordanklage entgangen ist, berichtet über eine Séance. Da erscheint ihm Dorothys Geist. Außer sich vor Wut und Schmerz hält Jack das alles für einen üblen Scherz. Der Geist wird darüber so wütend, dass er Jack verflucht. "Schauen sollst du die Welt der Geister, ertrinken wirst du im Grauen! Ohnmächtig wirst du unserem Wirken zusehen, ohne die Macht, etwas gegen uns zu unternehmen!" Der rationale Jack gerät langsam in einen Strudel des Grauens. Dorothys Geist besucht und bedroht ihn. Fest davon überzeugt, dass alles nur ein Racheakt seiner Feinde ist, nimmt der Reporter Kontakt mit Scotland Yard auf. Inspektor Hobson ist nicht begeistert, ihn wiederzusehen. Und je mehr Indizien Jack bringt, dass da tatsächlich etwas nicht stimmt, desto misstrauischer wird der Polizist. Jack muss erkennen, dass der Geist echt ist. Dorothy will ihn umbringen. Sie beeinflusst ihre Mutter und ihren Bruder, die mit Fleischermesser auf ihn losgehen. Am Ende landet die Mutter im Irrenhaus, und der Bruder ist gelähmt. Callum erinnert sich an einen Geisterseher, den er einst interviewte. Der Geist bringt den Mann um, aber vorher kann er Jack ein Buch über die Jenseitswelten übergeben. Dabei sind auch Anweisungen für einen Ring, der den Träger vor dem Einfluss der Dämonen schützt. Jack lässt den Ring anfertigen was ihn fast seine ganzen Ersparnisse kostet - und nimmt nun aktiv Kontakt zum Geist der toten Verlobten auf. Er erfährt, dass die Dämonen Dorothy im Jenseits quälen und sie nur erlöst wird, wenn sie dafür Jack tötet. Jack will ihr helfen. Mit seinen neuen Fähigkeiten des Geistersehens kann er Dorothys Leiche finden. Sie ist noch immer nicht verwest. Dem Reporter wird klar, dass Inspektor Hobson ihn sofort verhaften wird, wenn er ihn jetzt zur Leiche führt. Natürlich hat er Pech, denn die Polizei entdeckt die tote Dorothy trotzdem. Hobson glaubt Jack kein Wort, als der Reporter von den Dämonen anfängt. Allein die Tatsache, dass bei der äußerlich scheinbar unversehrten Leiche alle inneren Organe fehlen, was der Pathologe nicht erklären kann, erspart Jack eine Zelle. Nach der Beerdigung versucht Jack, Dorothys Geist zu befreien. Auf dem Friedhof kommt es zum letzten Kampf, bei dem allein Jacks Willenskraft und der schützende Ring gegen die Macht der Dämonen antreten ...


Meinung:
Monstrula war relativ kurzlebig, und man kann bei bloß 46 Romanen sicher nicht von einem kommerziellen Erfolg sprechen, aber die Serie hatte von Anfang an ein doch recht differenziertes Konzept, das sich in einigen Punkten wohltuend von dem üblichen Horrorheftcheneinerlei abhob. So fehlt hier die altbekannte Höllenhierarchie mit ihren Superbösewichtern, gegen die der Held immer wieder und wieder antritt. Statt dessen ist das Böse eine formlose übersinnliche Macht, die größtenteils wahllos unschuldige Menschen in den Wahnsinn und den Tod treibt. Der Schwerpunkt liegt auf reinem, für Heftromane oft recht blutigen Horror und dem Spiel mit dem Grauen. Auch wenn die Romane tief im Heftromanstil verwurzelt sind, schimmert hier doch immer mal wieder der Ansatz auf, gegen den Strom zu schwimmen. Jack Callum ist ein Held mit Ecken und Kanten. Zwar ist er kein Durchschnittstyp, was ja auch langweilig wäre, aber er ist nicht reich und muss einem relativ normalen Job nachgehen was immer wieder für Konfliktstoff sorgt -, er ist launisch und oft besessen von dem, was er tut. Und er erleidet gelegentlich auch mal eine Niederlage. Ambitioniert kann man auch das Dämonenkonzept nennen. Hier kämpft der Held nicht mit einem magischen Arsenal gegen das Böse, sondern allein mit der Kraft seines Willens. Das mag sich furchtbar öde anhören, ist es aber nur selten, weil der Autor Richard Wunderer der laut Katalog den ersten Roman mit M.R.Heinze zusammen geschrieben und fast den Rest der Serie dann in Eigengestaltung verfasst hat - immer viel Wert darauf gelegt hat, den Leser an Callums oft verzweifelten Anstrengungen teilhaben zu lassen. Der obligatorische magische Ring, der übrigends nach relativ kurzer Zeit aus der Serie verschwindet, dient dabei auch eher als Schutz des Helden und nie als das große Machtmittel, mit dem am Ende mal eben die Dämonen gekillt werden. Trotzdem kam die Action nie zu kurz. Der Auftaktband funktioniert richtig gut. Die Handlung ist spannend und voller Atmosphäre. Die Entwicklung des Helden ist glaubhaft; es kommt überzeugend herüber, wie sich Callum zuerst mit Händen und Füßen sträubt, an den Geist zu glauben und dann plötzlich an zwei Fronten kämpft, weil er noch die Polizei am Hals hat. Tonangebend für die folgende Serie ist auch der Hang zum oft psychologischen Sadismus, der hier breiten Raum einnimmt. Wenn der Geist Dorothy nicht einmal davor zurückschreckt, ihre Mutter in den Wahnsinn zu treiben und ihren Bruder zuerst zum ferngesteuerten Mörder und dann zum stummen Gelähmten zu machen, liest sich das schon recht heftig. Eben wie ein richtiger Horrorroman und nicht nur wie ein Krimi mit ein paar Spukfiguren.


Besonderheiten:
Erster Auftritt von Jack Callum.
Erster Auftritt seiner Katzen Philip und Elisabeth.
Erster Auftritt von Inspektor Hobson von Scotland Yard.
Erster Auftritt von Mr. Mills, dem Chefredakteur des Nachrichtenmagazins NEWS.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Das Bild von Olof Feindt setzt den Ton für die Covergestaltung der Reihe. Düstere rote Farben, ein Portraitbild in Zusammenhang mit einer typischen Geisterfigur. Das hat zwar recht wenig mit der eigentlichen Handlung zu tun, ist aber durchaus stimmungsvoll.


Coverbewertung:
3 Kreuze