Das Gemälde war fast vollendet. Es zeigte einen Menschen im unteren
Geäst eines Baumes, der sich eben eine Schlinge um den Hals legt. "Judas
Ischarioth" war am unteren Bildrand zu lesen. Der Verräter Judas im
Angesicht des Todes! Noch hatte Judas kein Gesicht, aber schon näherte
sich ein sicher geführter Pinsel der Stelle, wo das Gemälde noch
vollendet werden mußte. Um den Hals des Malers war ebenfalls eine Schlinge
gelegt. "Judas Ischarioth", Rief Damiano Perrez bitter, während er das
Gesicht zu malen begann. Das Gesicht war das gleiche, das ihm aus einem Spiegel
entgegenstarrte. Sein Gesicht... "Wie er seinen Meister verriet, so verrate
ich mein Leben", flüsterte Perrez. Hastig mischte er neue Farben.
Allmählich erhielt das Gesicht Kontur. Noch einige Feinheiten galt es
auszuführen- und fertig war sein Meisterwerk. Ganz Madrid würde
nach seinem Tod über dieses unglaubliche Gemälde staunen. Das Gesicht
des Verräters auf dem Bild wurde deutlich sichtbar. Zwar gab ihm Perrez
rötliche Haare statt seinem schwarzen Krauskopf, dennoch blieben es
seine Gesichtszüge. "Studienkollegen mit weit weniger Talent sind heute
berühmt", klang die gequälte Stimme des Malers wieder auf.