John Sinclair Nr. 1670: Der Psychonauten-Gott

John Sinclair Nr. 1670: Der Psychonauten-Gott


Der alte Huber war der reichste und am meisten gehasste Mann im Tal gewesen. Einer, der fünf Hotels besaß, zwei Seilbahnen und eine Bar. Jetzt befand er sich in der Kirche. Nur war er nicht sichtbar, denn er lag in einem wertvollen Sarg aus Eichenholz, der erhöht auf einem Katafalk stand, sodass jeder der Anwesenden ihn sehen konnte. Zahlreiche Trauergäste drängten sich in der Kirche. Normalerweise war sie nur an hohen Festtagen so voll, aber in diesem Fall hatten es sich auch Nichtkirchgänger nicht nehmen lassen, der Trauerfeier beizuwohnen …


von Jason Dark, erschienen am 13.07.2010, Titelbild: Bohbot
Rezension von VoXpOpZ:


Kurzbeschreibung:
Dagmar Hansen erblickt in einem Spiegel den "Psychonauten-Gott" und wird kurz darauf nach Hamburg entführt. In der Privatklinik des Therapeuten Gerd Olsen, dem der Götze ebenfalls erschienen ist, soll ihr zusammen mit anderen Getreuen der Weg in ein neues Leben geebnet werden. Harry Stahl und John gelingt es herauszufinden, wo Dagmar ist. John vernichtet Olsen mit seinem Kreuz, woraufhin der Psychonauten-Gott in den Tiefen eines Spiegels verschwindet.


Meinung:
War Band 1669 schon eine Zumutung, so legt dieses Heft noch einmal eine Schippe drauf. "Der Psychonauten-Gott" ist ein langweiliges und heruntergeschludertes Machwerk, das der Welt besser erspart geblieben wäre. Schon auf der zweiten Seite geht der Ärger los. Mitten im Satz reißt die Szene in der bayerischen Kirche ab, wir springen nach Hamburg - hinein in eine Sequenz zwischen Gerd Olsen und seiner Freundin. Hier wurden Teile des Romans vermutlich versehentlich gelöscht. Dumm nur, dass es im Nachhinein niemandem mehr auffiel.
Genauso ärgerlich geht es weiter: Der gemeinsame Abend von Harry Stahl und Dagmar Hansen - eine nette Idee, aber schlimm umgesetzt. Die Beiden wirken so lebendig wie zwei von John Sinclair erlöste Vampire. Die ereignislose Belanglosigkeit zieht sich wie geschmackloser Kaugummi. Dagmars dann auftauchendes drittes Auge kommt ungefähr so überraschend wie die Leserseite in der Mitte des Hefts.
Auch John Sinclair ist nur ein Schatten seiner selbst. Seine Funktion in diesem Roman: absolut fragwürdig. Eigentlich isst er nur ein Croissant, das ihm sogar schmeckt, und lässt Harry Stahl mit den Klinikbesuchern reden, während er Balkons betrachtet. Johns gesamter Auftritt scheint lustlos, als titelgebende Hauptfigur versagt er komplett. Die meiste Zeit ist die Handlung ohnehin bei Dagmar Hansen. Es stellt sich unweigerlich die Frage, ob man hier auf John nicht gänzlich hätte verzichten können. Die zwei kurzen Momente, in denen sein Kreuz zum Einsatz kommt, wirken leider so überflüssig wie das ganze Heft.
Trauriger Höhe-(bzw. Tief)punkt des Romans ist aber Gerd Olsens ellenlanger Vortrag über die Psychonauten. Die Veranstaltung im Therapieraum ist einfach lächerlich. Eine Sekte scheint zur Kaffeefahrt geladen zu haben. Gruselatmosphäre, Spannung, Beklemmung Fehlanzeige! Der Schluss ist unspektakulär, aber auch erlösend. Selten erschienen 64 Seiten so lang... und dass, obwohl der Schriftgrad größer ist als sonst.
Ich würde übrigens ein Monatsgehalt darauf wetten, dass dieser Romane nicht von Helmut Rellergerd geschrieben wurde. Ich tippe auf Alfred Bekker oder sogar Walter Appel. Alles, was man sonst an Rellergerds Stil irgendwie hasst, vermisst man plötzlich schmerzlich. Alle Personen hier sind leb- und lieblos. Eine Verortung in die Gesamthandlung der Serie findet nicht statt. Das Heft liest sich wie eine Mischung aus Jessica Bannister und Mark Hellmann, aufgelöst in der Heftroman-Postdramatik der späten 90er-Jahre. Das ist aber leider nicht der Stoff, aus dem Sinclair-Romane sind.
Fazit: Ganz schwacher Roman, der EIN Kreuz nur deshalb bekommt, weil ich ihn nicht während des Lesens abgebrochen habe. Die 1.60 hätte ich lieber in ein Croissant investiert, ganz bestimmt wäre mir das besser bekommen.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:

Öde. Überhaupt nicht mein Geschmack. Weiß weder farblich noch inhaltlich zu überzeugen.


Coverbewertung:
1 Kreuz

Rezension von Ulrich Surendorf/Chapman:


Kurzbeschreibung:
Der Psychotherapeut Gerd Olsen ist ein Psychonaut und hat Kontakt zu einem Wesen bekommen, das sich ihm als Psychonauten-Gott offenbart. Mithilfe dieses Wesens, das vor Urzeiten schon einmal die Erde besucht und den Grundstein für die menschlichen Psychonauten gelegt hat, will Olsen die Loge der Mystiker - also die Psychonauten, die den Menschen nicht wohl gesonnen sind - zu neuer Macht führen.
Auch der Pfarrer Elmar Kogel und Dagmar Hansen haben eine Vision vom Psychonauten-Gott und werden in Gerd Olsens Privatsanatorium nach Hamburg geholt, weil der Psychoanalytiker die beiden als Führungskräfte für die neuen Psychonauten auserkoren hat.
Dass Dagmar Hansen sich nicht vor seinen Karren spannen lässt und mit ihr auch Harry Stahl und John Sinclair auf das Sanatorium aufmerksam werden, hat Olsen nicht eingeplant. Als der Psychoanalytiker mit einem Vortrag mehrere Menschen in seinen Bann schlagen will und gleichzeitig in einem magischen Spiegel der Psychonauten-Gott erscheint, setzt John das Allsehende Auge auf seinem Kreuz ein, durch das Olsen vernichtet wird. Der Psychonauten-Gott zieht sich daraufhin wieder zurück.


Meinung:
Auf diesen Roman hatte ich mich sehr gefreut, weil ich eine mystische Psychonautengeschichte erwartet hatte. Doch leider ist die Geschichte sowohl inhaltlich als auch von der Form her eine Enttäuschung. Denn gleich zu Beginn wurden die ersten Kapitel ohne Übergang mit einander vermischt, so dass die Geschichte von Pastor Kogel kein Ende und die von Gerd Olsen keinen Anfang hat und beide innerhalb eines Satzes ineinander übergehen.
Die Handlung selbst wird mal wieder durch ausgewalzte - und teilweise dümmliche (z.B. bei Dagmars Verhör) - Dialoge totgeredet. John und Harry schleichen planlos durch das Sanatorium und auch der Psychonauten-Gott kann bei seinen wenigen Auftritten nicht überzeugen. Dabei ist die Grundidee eines Urpsychonauten gar nicht mal schlecht; die Ausführung hätte aber spannender sein können.
Dazu kommt noch ein inhaltlicher Fehler, als sich Harry Stahl an den Fall mit dem weiblichen Golem erinnert. Denn nun meint Harry, dass er und Dagmar doch einfach nur Urlaub machen wollten und dann mit dem Golem konfrontiert wurden. In Wirklichkeit waren die Urlauber die Conollys und Harry Stahl war schon dienstlich vor Ort um das Verschwinden von drei Frauen, zu denen auch eine Kollegin gehörte, aufzuklären (s. Band 1657 ‚Der weibliche Golem').
Alles in allem war dieser Roman doch eher ein Ärgernis als ein Lesegenuss. Und auch wenn der Psychonauten-Gott nicht vernichtet wurde, denke ich nicht, dass er so bald mal wieder auftauchen wird, vor allem wenn man bedenkt, dass sowieso sehr wenige Romane um diese Gruppe erscheinen.


Besonderheiten:
Erster Auftritt des Psychonauten-Gottes.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:
Das Cover stellt den Psychonauten-Gott dar, wie er sich im Roman in einem Spiegel zeigt. Das Bild wirkt ziemlich surreal, aber auch interessant und macht neugierig auf den Roman.


Coverbewertung:
3 Kreuze