Jaqueline Berger - Pfad des Blutes Zyklus Nr. 5: Das Ende
Jaqueline Berger - Pfad des Blutes Zyklus Nr. 5: Das Ende


Der Krieg hat viele Gesichter und sie alle sind hässlich, denn sie zeigen vor allem eines: das blanke Antlitz des Todes. Krieg, so heißt es in einer beliebten TV-Serie, sei schlimmer als die Hölle. Denn in der Hölle gäbe es keine unschuldigen Opfer, der Krieg hingegen ist voll damit. Kinder, Alte und Frauen sterben, obwohl sie nie eine Waffe in der Hand hielten. Bomben nehmen keine Rücksicht darauf, ob sie Soldaten oder Zivilisten töten, ebenso wenig Kugeln. Sie zerstören, ohne auch nur eine Sekunde innezuhalten. Krieg ist das Ende aller Vernunft, das Kapitulieren Vor archaischen Verhaltensweisen. Krieg ist eine Bestie. Und doch genau das hatten wir Vampire entfesselt. Es wäre leicht für mich, die Schuld von mir zu weisen. Zu sagen, dass es nicht an mir lag, dass wir unsere Art in Gefahr brachten, unschuldige Leben riskierten und uns benahmen, als wären wir nichts als wilde Bestien. Damit könnte ich mein Gewissen vielleicht reinwaschen von der Schuld, die wir alle auf uns geladen hatten. Aber es wäre falsch. Ist Krieg das Ende der Vernunft, so trifft das auf alle Parteien zu, die an dem Konflikt beteiligt sind. Ergo auch auf mich. Doch manches erkennt man zu spät. Wir alle waren besoffen davon, auf der richtigen Seite zu stehen, zum Wohle aller zu handeln. Es gelang uns in unserer unendlichen Borniertheit, die Welt der Vampire zweimal in kurzer Zeit an den Abgrund zu treiben. Beseelt von dem Glauben, dass es keinen anderen als diesen Weg gäbe, dass wir uns durchsetzen müssten. Was für eine verlogene Scheiße das doch war. Wie bereits bei dem vorangegangenen Krieg gab es keine klaren Fronten, keine Gefechte im eigentlichen Sinn. Zumindest nicht bis zu jenem Ereignis, das man als Entscheidungsschlacht bezeichnen könnte. Es waren unzählige kleine Scharmützel. Überfälle, Kommando-Einsätze: Morde, die nur einem Ziel dienten - den Gegner in die Knie zu zwingen. Ihn zur Aufgabe zu treiben, damit der Wahnsinn ein Ende hat. Denn der Wahnsinn, der geht prinzipiell von den anderen aus ...
Hinterher ist man meist klüger und nichts Von dem, was damals geschah macht mich stolz. Es war keine Meisterleistung. Auch wenn die Chroniken der Vampire zurzeit noch etwas anderes sagen, wird man dies früher oder später erkennen. Dann, wenn Vampire über die Geschichte urteilen, die sie nicht erlebt haben. Wenn jene in den Büchern lesen, die nicht dabei waren und die sich nur anhand der grauen Theorie ein Urteil bilden.


eBook von G. Arentzen, erschienen im Dezember 2007, Titelbild: Meike Förster