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Eynsford, Grafschaft Kent, Ostersonntag 1754. Die Stimmen wurden lauter.
Das Stampfen von Schritten drang aus der Empfangshalle in den Keller herab.
Viele Schritte. Eine Frau schrie hysterisch, und ein Mann rief: "Wo ist er?"
Und ein anderer: "Tilgt die Bestie von Gottes Erdboden!" Eine Gruppe Männer
stand im Keller, vor der offenen Tür zu einem dunklen Gewölbe -
Lord James Madison, der Pfarrer, der Grafschaftsvogt und vier bewaffnete
Soldaten. Zwei von ihnen trugen Fackeln. Ein ekelerregender Gestank drang
aus dem offenen Gewölbe, vor dessen Schwelle sie standen. Oben wurde
eine Tür aufgerissen. Das Stimmengewirr schwoll schlagartig an. Getrampel
und Gescharre vieler Füße hallte von den Kellerwänden wider.
Fackelschein schob sich über die Wendeltreppe nach unten, Stufe für
Stufe. Holzpantoffeln wurden sichtbar, dahinter löchrige Stiefel und
hochgeschnürte Sandalen. Dann sah man den Anführer der aufgebrachten
Menge in seiner ganzen Größe. Ein junger Mann in den abgerissenen,
groben Kleidern eines Bauern. Er trug eine Axt bei sich. "Dort unten! Dort
unten steht der Teufel!"
von Jo Zybell, erschienen am 23.05.2000, Titelbild: Manuel
Prieto
Rezension von Ulrich
Surendorf/Chapman:
Kurzbeschreibung:
Der Boulevard-Reporter Tom Percival wird eines Morgens Zeuge eines grausamen
Doppelmordes, als Unbekannte eine junge Mutter und ihr Kind vor einen
einfahrenden Zug der Londoner U-Bahn stoßen. Gleichzeitig wird ein
anderer Doppelmord an dem Ärzteehepaar Wolfe begangen, wobei dem Mann
das Herz aus dem Leib geschnitten wird. Nach dem Artikel, den Percival über
die Morde geschrieben hat, wird der Reporter von einer Krankenpflegerin auf
da Altenheim St. Joseph aufmerksam gemacht, in dem die Mitarbeiter und einige
der Insassen angeblich schwarze Messen feiern sollen, bei denen der Name
Gladestone gefallen ist. Der gleiche Name, den auch die ermordete junge Mutter
trug! Percival, der einst ein Priester war und aus dem Kirchendienst entlassen
wurde, nachdem seine Freundin Suzanne von einer Stanssekte ermordet wurde,
ist dem Übersinnlichen gegenüber aufgeschlossen. Bei seinen
Ermittlungen, bei denen er von seiner neuen Freundin, der Ärztin Eve
Priden, unterstützt wird, findet er Unglaubliches heraus: an der Stelle,
an der sich nun das Altersheim befindet, stand im 18. Jahrhundert ein Herrenhaus,
in dem der Gutsbesitzer James Madison sieben Kinder missbraucht und getötet
hat, wofür er von der wütenden Dorfbevölkerung gelyncht wurde.
Ebenfalls anwesend waren der Dorfpfarrer namens Gladestone und der
Grafschaftsvogt Wolfe. Diese beiden wurden von Madison verflucht, weil sie
- was niemand wusste - ebenfalls an den Schändungen der Kinder beteiligt
waren. Über all die Jahrhunderte wurden die Nachfahren der Gladestones
und Wolfes von schrecklichen Todesfällen heimgesucht, so wie aktuell
das Ärzteehepaar und die junge Mutter mit ihrem Kind. Der Geist von
James Madison abwechselnd in den Körper des Altenpflegers Baisley und
der Senioren Paula DeBurgh und Eric Parson gefahren, damit sie die Morde
begehen. Doch als Percival seinen Freund Marc Steelwalker von Scotland Yard
endlich von den Vorgängen überzeugen kann, ist es schon zu spät:
die beiden Alten haben schon Dennis Priden ermordet und Eve Priden, die eine
geborene Wolfe ist, nach St. Joseph entführt. Percival und Steelwalker
können auch den Mord an Eve Priden nicht mehr verhindern, doch während
eines Gerangels, bei dem Percival den leblosen Körper seiner Geliebten
an sich bringt, fallen Kerzen um, die den schwarzen Altarraum der Madison-Sekte
in Brand stecken, während die Polizei das Altersheim stürmt...
Meinung:
Mit diesem Band gibt es mal wieder einen neuen Roman innerhalb des
Grusel-Schockers und der beliebte Maddrax-Autor Jo Zybell hat für die
Geschichte einen Helden geschaffen, den man sonst wohl vergeblich in der
Heftlandschaft such: über Vierzig, stark übergewichtig und eigentlich
nur glücklich, wenn er ein Glas Whiskey in seiner Hand hat. Dass er
dazu noch reißerische Geschichten für ein Boulevardblatt verfasst,
ist eigentlich noch ein weiterer Punkt, der aus Tom Percival einen wahren
Antihelden macht. Doch trotz allem wirkt der Reporter von Anfang an überaus
sympathisch; ein Eindruck, der sich noch verstärkt, wenn man von seiner
tragischen Lebensgeschichte erfährt. Und er scheint auch eine gewisse
Ausstrahlung auf Frauen zu haben. Der Fall der unheimlichen Mordserie ist
dabei ein sehr düsterer Rahmen für unseren Helden, in dem sich
die Fäden langsam auflösen, auch wenn man die Vorgeschichte schon
auf den ersten Seiten des Romans erfährt. Die Spannung wird ständig
hochgehalten und bei jedem weiteren Mord habe ich gedacht: "Das kann doch
jetzt nicht wahr sein!" Für zartere Gemüter ist dieser Roman deshalb
auch nicht zu empfehlen, mir wurde es ja schon fast zuviel, als auch noch
die ältere Patientin und die Krankenschwester Tina dran glauben mussten...
Dass dieser Roman kein Happy End hat, ist dabei nur konsequent, und am Ende
bleibt ein gebrochener Held zurück, der um seine gerade neu gewonnene
Liebe trauert...
Besonderheiten:
- Dieser Roman wurde im Zaubermond-Buch Vampir-Horror Band 3 Das grausame
Meer' unter dem Titel Das Geheimnis von St. Joseph' neu aufgelegt.
- Ein Wiedersehen mit Tom Percival gibt es in
Band
4 der Mini-Serie DAS VOLK DER TIEFE 'Zwischen Leben und Sterben'. Hier
bekommt er es in den Jahren 2009/2010 mit einem skrupellosen Wissenschaftler
zu tun, der an der Vermarktung einer Tiefschlafdroge arbeitet.
5 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Cover hat eigentlich nicht viel mit dem Roman zu tun, aber es strahlt
eine Erwartungshaltung aus, die unweigerlich neugierig auf das Heft macht.
Mir gefällt es sehr gut.
Coverbewertung: