Gespenster-Krimi Nr. 81: Hexentanz
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Der Schankraum schien leer zu sein. Ich konnte keinen Menschen erblicken.
Erst als ich näher trat, erkannte ich eine alte Dame, die sehr gebrechlich
und sehr aufrecht hinter einem Glaskasten stand, der die linke Hälfte
der zinkbeschlagenen Theke einnahm. Die Vitrine mit bunten Postkarten, Prospekten
dieses Teils der Ardennen und allerlei Süßigkeiten, verzerrte
ihr Gesicht unmäßig. Die Tränensäcke wirkten noch
größer, ihr gepudertes Gesicht noch verfallener. Ich erschrak.
Leblos harrte die Frau, die ich auf mindestens siebzig Jahre schätzte,
in ihrem Versteck aus und musterte mich aus erfahrenen Augen von einem
erstaunlich reinen Blau. Überhaupt waren es diese Augen, die in dem
erstarrten Gesicht mit schiefen Lippen und faltiger Haut, das wie eine Maske
aus Puder und Creme wirkte, eine Spur von Anziehungskraft besaßen.
Ich konnte nur hoffen, daß die Betten jünger waren als die Besitzerin
des Hotels, dem ich allenfalls die Bezeichnung Herberge zugebilligt hätte.
Denn jeder Stein atmete Verfall. Das Geschäft schien nicht besonders
gut zu gehen, obgleich das Etablissement gegenüber dem Burgtunnel lag,
nur durch die Uferstraße vom gleichnamigen Flüßchen Semois
getrennt.
von Frank deLorca, erschienen am 01.04.1975, Titelbild: R. Cortiella
Rezension von
Benfi:
Kurzbeschreibung:
Der sich auf Studienreise befindende Lehrer Elger Douglas steigt in einem
geheimnisvoll erscheinenden Gasthof in Semois/Frankreich ab und hört
interessiert von der traurigen Geschichte der Familie Clouet, in der die
männlichen Nachkommen genau am dreißigsten Geburtstag sterben
müssen. Irgend etwas zwingt sie dann zum Selbstmord! Der Grund des Fluches
könnte die ehemalige Geliebte - die Orientalin Fatima - des Urahns Pierre
Clouet sein, die nämlich einst unter mysteriösen Umständen
verschwand. Gemeinsam mit der Dorfschönheit und Studentin Blanche Morgan
sucht der Lehrer nach verborgenen in der Geschichte der Clouets, und als
er meint dem Ziel nahe zu sein, merkt er, dass die Mutter des Armand Clouet
ihm eine Falle gestellt hat. Sie will nämlich die frappierende
Ähnlichkeit von Elger Douglas und ihrem bald dreißig Jahre alt
werdenden Sohn Armand nutzen und dem Familienfluch ein Schnippchen schlagen!
Meinung:
Der gutgeschriebene und in Ich-Form gehaltene Roman streckt sich über
die Hälfte des Heftes durch eine Fülle von Informationen über
die Geschichte der Familie Clouet und lässt so wenig Spielraum von Handlung
und Action, was erst im letzten Drittel des Heftes eintrifft. Und damit meint
man einfach, dass aus dieser Informationsfülle doch mehr gemacht werden
müsste. Unterm Strich bleibt ein durchschnittlicher Gruselroman, den
man Lesen kann, aber auch nichts versäumt hat, wenn man den Stoff nicht
gelesen hat.
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Hm, wieder so ein Misch-Masch-Cover der Siebziger Jahre vom Zeichners R.
Cortella. Eine grünliche Hexe, eine leichtbekleidete, barbarische Blondine
und eine gruselige Burg sollen hier zum Romanheftkauf animieren. Hm, hätte
mich also nicht eingeladen - zumal das Ganze reichlich wenig mit dem Heftinhalt
zu tun hat!
Coverbewertung:
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das selbe Motiv wurde später auch noch auf dem Cover der Professor Zamorra
Liebhaber-Edition Nr. 53 verwendet: