John Sinclair Nr. 763: Stringen-Grauen

John Sinclair Nr. 763: Stringen-Grauen


Helen Kern stand nackt und am ganzen Leib zitternd vor dem Fenster und schaute nach draußen in die Dunkelheit. Ihr Körper zuckte in gewissen Intervallen wie unter Stromstößen - die ihr in immer stärkeren Dosen verabreicht wurden, bis sie irgendwann zusammenbrach. Ihre Hände hatte sie auf die schmale Fensterbank gestützt. Der Atem zischte aus ihrem Mund und die Scheibe beschlug. Es war warm im Raum, viel zu warm, und auch feucht. Das lag nicht am Wetter, sondern an ihr selbst, an den Ausdünstungen die sie umgaben, denn sie hatte geschwitzt. Wie lange sie in dieser Position stand und in die Nacht hineinstarrte, konnte sie nicht sagen. Ihr kam es vor wie Stunden, nur stimmte das nicht, denn erst vor Minuten noch hatte sie im Bett gelegen und war aufgesprungen. Voller Angst und Hektik, wie ein Tier, das vor seinem Jäger floh.


Teil 1 von Jason Dark, erschienen am 15.02.1993, Titelbild: Garciolo

Rezension von The Fox:


Kurzbeschreibung:
Eine junge Frau namens Helen Kern wird von furchtbaren Alpträumen geplagt, in denen sie von großen Vögeln bedroht wird. Eines nachts nach so einem Traum öffnet sie das Fenster und wird tatsächlich von einem großen Vogel, den sie nicht genauer erkennen kann, angegriffen und an der Wange verletzt. Zur gleichen Zeit wird John von dem Doppelagenten Sanders in eine schmierige Bar bestellt. Dieser will ihm etwas von Spionage und Magie erzählen kann, wird aber von einem Killer erschossen, bevor er konkreter werden kann. Der Killer will auch John töten, doch Suko, der als Rückendeckung mit in der Bar war, schießt dem Killer vorher in den Hals. Vor seinem Tot konnte Sanders John nur noch einen Namen sagen: Helen Kern. Diese wiederum hat eine furchtbare Entdeckung gemacht: Aus der Bisswunde wächst eine Vogelfeder! Während Suko sich am nächsten Tag um die Vergangenheit von Sanders kümmern will, sucht John Helen auf. Diese kann sich zwar nicht direkt an Sanders erinnern, glaubt aber, dass er sie vielleicht aus ihrer Zeit in einem Sanatorium kennen könnte, wo sie sich aufhielt um ein Unfalltrauma loszuwerden. Das hat auch funktioniert, doch danach fingen die Alpträume an, von denen sie John erzählt. Sie zeigt ihm auch die Wunde, aus der mittlerweile drei Federn wachsen. John verspricht sich um Helen zu kümmern, vor allem weil er mittlerweile die Strigen im Verdacht hat. Suko erfährt derweil, dass auch Sanders in diesem Sanatorium zur Kur gewesen ist. Als Helen sich in ihr Zimmer zurückzieht, schreitet die Verwandlung weiter voran und sie verwandelt sich in ein Mischwesen aus Mensch und Vogel. Sie entschließt sich zu fliehen, da sie John so nicht gegenübertreten will. Als John nach ihr sieht, findet er nur noch das leere Zimmer vor. Er hat versagt.


Meinung:
Ich freue mich ja immer, wenn mal eine Story mit Strigen erscheint. Dies hier ist zwar ein Strigenroman, aber fast ohne Strigen. Trotzdem finde ich den Roman sehr gelungen: Eine sympathische Frau verwandelt sich in ein Monster und auch John kann das nicht aufhalten. Dabei ist die Angst Helens sehr gut beschrieben und die sich ständig verändernde Wunde sorgt zudem für einen gewissen Ekelfaktor. Auch die Stelle in der Bar war überraschend brutal. Erst wird Sanders der Kopf weggeschossen, dann trifft Suko den Killer in den Hals. Normalerweise zielt er ja immer auf Oberschenkel oder Schultern. Ein wichtiger Bestandteil des Romans sind die Dialoge zwischen John und Helen und die sind zum Glück gelungen und nicht erzwungen. Kritik habe ich aber auch. Dass John auf Anhieb an die richtige Helen Kern gerät, wo er ja nur den Namen kannte, ist mal wieder etwas zu viel des Zufalls. Außerdem gefällt mir die Szene, in der Suko Sanders Akte durchsieht nicht, denn da schafft es Jason noch drei dicke Patzer unterzubringen. Zunächst steht in der Akte, dass Sanders vor 4 Jahren in einem Sanatorium südlich von London war. Später fragt Suko eine Informantin nochmal, wo das Sanatorium sei. Diese erklärt ihm außerdem, dass das Sanatorium seit ein paar Wochen zu ist und Sanders einer der letzten Patienten war! Das wäre übrigens logischer , als wenn Sanders vor vier Jahren dort gewesen wäre, dann hätte Helen ja auch seit vier Jahren Alpträume. Zu guter letzt erzählt die Frau Suko, dass Sanders ein Doppelagent war. Später fragt Suko sinngemäß: Sie klingen als wüssten sie, dass Sanders ein Doppelagent war? Darauf sie: Es gab Gerüchte. Aber da diese Ungereimtheiten alle auf drei Seiten vorkommen und den Lesefluss nicht stören, vergebe ich für diesen spannenden Roman trotzdem 4 Kreuze.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze
Rezension von Ulrich Surendorf/Chapman:


Kurzbeschreibung:
John Sinclair wird von einem Doppelagenten namens Sanders, der sowohl für den Osten als auch für den Westen arbeitet, in eine Bar bestellt, da der dem Geisterjäger wichtige Informationen über die Verbindung von Magie und Spionage geben will. Doch bevor es dazu kommt, wird Sanders von einem Killer getötet, der auch John umbringen will. Dies wird allerdings durch Suko verhindert, den John als Rückendeckung mitgenommen hat. Die einzige Spur, die John jetzt noch hat, ist ein Name, den Sanders vor seinem Tod genannt hat: Helen Kern. Während Suko sich um die Akte des Agenten Sanders kümmern will, besucht John Helen Kern, deren Name beim Yard bekannt ist, weil sie vor einiger Zeit in einen sehr schweren Verkehrsunfall mit mehreren Todesopfern - darunter auch Helens Freund - verwickelt war. Er trifft Helen Kern in ihrer Wohnung an und merkt schnell, dass die Frau verstört ist. Mit dem Namen Sanders kann sie nichts anfangen, aber sie fasst Vertrauen zu John und erzählt von dem Unfall, der sie so mitgenommen hat, dass sie in ein Sanatorium in der Nähe Londons gegangen ist, um mit dem Ereignis fertig zu werden. Nachdem sie aus diesem Sanatorium entlassen wurde, fingen allerdings Alpträume an, in denen sie von Vögeln angegriffen wurde. Helen erzählt, dass sie in der vergangenen Nacht ebenfalls einen solchen Traum hatte und danach wirklich von einem Vogel, den sie nur schattenhaft erkennen konnte, angegriffen wurde. Und das Schreckliche: aus der Wunde, die der Vogel geschlagen hat, wachsen Federn! John bringt die Vogelattacken sofort mit den Strigen in Verbindung, die schon lange Zeit nichts mehr von sich haben hören lassen. Suko erfährt unterdessen, dass auch Sanders vor einiger Zeit in dem Sanatorium war, in dem auch Helen Kern gewesen ist. Und während er sich auf den Weg zu Helens Wohnung macht, flieht Helen Kern, die sich mehr und mehr in einen Vogel verwandelt vor John...


Meinung:
Dieser spannende Roman wird durch viele Fehler gestört, die alle die gleiche Ursache haben: Jason Dark war sich anscheinend nicht klar, wann dieser ominöse Sanatoriumsaufenthalt stattgefunden hat. Die Beispiele:
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S. 22: (..) "Ein Verkehrsunfall, in den Helen Kern vor gut einem halben Jahr verstrickt war."
S. 36: "... es drehte sich einzig und allein um den schweren Unfall, der ja nun einige Jahre zurückliegt." - "Ja, vier."
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S. 47: Sie hatten ihn (Sanders) sogar unterstützt, denn vor einigen Jahren war er zur Kur gewesen.
S. 50: "Seit wann?" (ist die Klinik geschlossen) - "Lange ist es noch nicht her. Vielleicht einen Monat, aber die Gründe kann ich ihnen nicht nennen. Sanders war einer der letzten Patienten, die dort gekurt haben."
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Selbst über die Dauer der Kur ist sich Jason Dark nicht einig:
S. 47: Drei Monate hatte die Kur gedauert.
S. 49: "Und er hat sich zwischendurch für zwei Monate verabschiedet, um zu kuren."
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Ich gebe dem Roman trotzdem die drei Kreuze, die die Story verdient, aber ich habe mich über diese Fehler, die nach Schlamperei aussehen, sehr geärgert. Und zwar macht es mich immer so sauer, weil ich im ersten Moment immer denke, ich selbst habe es nicht richtig behalten, und schon ist der Lesefluss gestört.


Besonderheiten:
Strigus scheint nach langerZeit (bisher letzter Auftritt in Band 495 ‚Teufelsspuk und Killerstrigen') wieder aktiv zu werden.
Mit diesem Roman erschien die dritte Auflage Band 276 ‚Tokatas Erbe'.
Mit diesem Roman erschien die vierte Auflage Band 42 ‚Der schwarze Würger'.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze