John Sinclair Nr. 623: Ein Tropfen Ewigkeit
Es war ein Bild des Schreckens! Nicht nur für mich, auch für die
beiden Schläger, die mich - einen beinahe zum Greis gealterten John
Sinclair - im Hyde Park überfallen und gedemütigt hatten. Bevor
es allerdings zum Äußersten hatte kommen können, war der
Nachthimmel aufgerissen und hatte eine V-förmige Lücke gebildet,
aus der rötlicher Wolken - oder Nebeldampf gequollen war, der zudem
eine furchtbare Gestalt mit sich gebracht hatte. Es war der Schattenreiter!
Teil 3 von Jason Dark, erschienen am 11.06.1990, Titelbild: Maren
Rezension von
Olsen:
Kurzbeschreibung:
(Vorgeschichte siehe JS 0621 und
JS 0622)
Der geisterhafte Reiter, der John im Hyde-Park vor den Parkräubern rettet,
nennt sich selbst "Wächter von Avalon". Er ist ein Ahnherr von Melusine
de Lacre. Der Wächter nimmt John mit nach Avalon. Gleichzeitig
überredet Kara den Spuk, ihr einen Tropfen des Tranks des Vergessens
zu überlassen. John trifft in Avalon auf König Artus und Merlin,
den Herrscher Avalons. Merlin will John für einige Zeit bannen, um mit
seinem Vater - dem Teufel - über Johns weiters Schicksal zu beraten
(als ob das noch eingehender Beratung bedürfte!). Doch John aktiviert
sein Kreuz und kann Merlin dadurch kurz aufhalten. Kara erscheint und flieht
mit John zu einem Kessel, wo sie auch Melusine treffen. John gelingt es,
Melusine den dunklen Gral zu entreißen und durch ihn mit Kara wieder
in die eigene Welt zurückzukehren. Nach ihrer Rückkehr ist John
jedoch immer noch gealtert. (Wer der Meinung ist, ich habe in dieser
Inhaltsangabe zu oft das Wort "Avalon" benutzt, dem sei gesagt: Du hast
vollkommen recht!).
Meinung:
Nach dem verunglückten ersten Teil der Trilogie und einem sensationellen
zweiten Teil, dümpelt dieser abschließende Band irgendwo in der
Mitte. Wie zu erwarten war, erhält der Leser keinerlei Begründung
dafür, warum John nun eigentlich gealtert ist. Gut, es wird gesagt,
dass das wohl durch den Diebstahl des Grals geschehen sei. Aber das finde
ich als Grund doch reichlich dürftig. Außerdem: Warum ist John
dann nicht wieder jünger geworden, als er den Gral zurückbekommen
hat? Außerdem ist anzumerken, dass JD grauenhafte Verrenkungen unternommen
hat, um seine Geschichte dem (sehr gelungenen) Titelbild unterzuordnen. Denn
die Trulla mit dem Edelstein auf der Stirn soll niemand anders sein als Kara,
die sich den Tropfen des Tranks auf die Stirn gepappt hat, um damit nach
Avalon zu reisen. Hat sich bis in Karas Heimatland Atlantis etwa noch nicht
herumgesprochen, dass das Wort Trank von "trinken" abstammt und dass das
gemeinhin mit dem Mund, und nicht mit der Stirn gemacht wird? Von JD inspiriert
habe ich gestern auch einmal versucht, mir ein Bonbon auf den Arsch zu pichen,
aber irgendwie wollte das nicht so funktionieren. Und dann der Titel dieses
Bandes: "Ein Tropfen Ewigkeit". Wirklich sehr gelungen. Sehr mysteriös.
Sehr ansprechend. Und genauso dachte wohl auch JD. Oder warum sonst hat er
bei jeder sich bietenden Gelegenheit diese Redewendung seinen Protagonisten
in den Mund gelegt? Hier wurde ein tolles Beispiel dafür abgeliefert,
wie man einen eigentlich fabelhaften Titel totreiten kann! Da aber das Thema
dieses Bandes sehr geheimnisvoll rüberkommt und durch König Artus
und Merlin noch einige interessante Entwicklungen verspricht, gebe ich diesem
Band noch ein knappes "Drei-Kreuze-Minus".
Besonderheiten:
JD gefällt wieder einmal dadurch, dass er versucht, die Flut der deutschen
Redewendungen durch Zusammenführung zweier ähnlich klingender
Redewendungen einzudämmen. (Ich weiß, ich habe hier einen
unschönen Wiederholungsfehler in diesem Satz. Aber das hier ist ja kein
Aufsatzwettbewerb. Außerdem wollen wir nicht über meinen Stil
reden, sondern über den von JD.) Myxin plauscht gerade mit Johns Freunden
über dessen weiters Schicksal. Als sie feststellen, dass ihnen nichts
anderes übrigbleibt, als abzuwarten ob Karas Aktion mit dem Tropfen
Ewigkeit und ihrer klebrigen Stirn etwas bringt, hätte Myxin zum Beispiel
sagen können: "Wir müssen unsere Hoffnungen auf Kara setzen." Denkbar
wäre auch gewesen: "Wir müssen alles auf eine Karte setzen." Statt
dessen gelingt Myxin folgendes wunderschönes Wortspiel: "Wir müssen
unsere Karten auf Kara setzen." (Sollte es sich hierbei allerdings
tatsächlich um eine mir nicht geläufige Redewendung handeln, so
bitte ich vollinhaltlich und vorbehaltlos um Entschuldigung - auch im Namen
meiner Eltern. Das würde aber nichts daran ändern, dass es bescheuert
klingt.)
3 von 5 möglichen Kreuzen:

Kommentare zum Cover:
Zwar eher Fantasy als Grusel, aber dennoch sehr gut!
Coverbewertung:
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Das Motiv vom Titelbild des John Sinclair-Romans befand sich auch schon auf
dem Cover der italienischen Publikation "Urania Fantasy" Nr. 7:
Der Zauberer vom Titelbild war seitenverkehrt übrigens auch auf der
spanischen Publikation CONAN Nr. 6 abgebildet, wobei er dort statt eines
Zauberstabs einen Dolch in der Hand hielt. Trotzdem sind die Gemeinsamkeiten
eindeutig erkennbar. Vor allem der Faltenwurf des Mantels und die
Körperhaltung sind eindeutig identisch: