John Sinclair Nr. 259: Ich stürmte den rollenden Sarg
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Als der Penner sich im Schlaf herumwälzte und dabei seine Wermutflasche
umkippte, wurde er durch das Geräusch wach. Seine Sinne waren in den
langen Jahren geschärft worden, er richtete sich hastig auf und lauschte
in die Dunkelheit hinein. Sekunden saß er in dieser steifen Haltung.
Sehen konnte er nichts, die Finsternis umgab ihn wie ein
lichtundurchlässigen Sack, aber er fühlte und horchte. Er war nicht
mehr allein! Diese Feststellung ließ ihn frösteln. Bisher war
er bei einem verdächtigen Geräusch sofort erwacht. Wie konnte es
dann möglich sein, daß er nichts vernommen hatte, als der oder
die andere in den Waggon gestiegen war? Und das hörte man, wenn die
schwere Schiebetür zur Seite gezogen wurde. Sami Sorge atmete tief ein.
Jetzt war er über zehn Jahren auf der Tour, kannte halb Europa, hatte
sich sogar bis zur albanischen Grenze durchgeschlagen, um einen Blick in
das Land der Skipetaren zu werfen zu können, und selbst die schärfsten
Wachposten hatten ihn nicht so erwischt wie die Person in dem stockdunklen
Waggon.
von Jason Dark, erschienen am 19.06.1983, Titelbild: Vicente
Ballestar
Rezension von Stefan (Lobo)
Albertsen:
Kurzbeschreibung:
Gut ein Jahr ist es her, dass John Sinclair und Will Mallmann den Wertiger
Gerd König durch Hamburg jagten und vernichten konnten (Band
Nr. 205). Jetzt bricht
dessen unheilvolles Vermächtnis durch, denn zwei Menschen, die damals
von ihm verletzt wurden, mutierten nun auch zu solchen Ungeheuern. Zum einen
der Polizist Stefan Franke und zum anderen Königs damalige Freundin
Barbara Päuse. Franke kommt ums Leben, als Will Mallmann und Kommissar
Kölzer ihn stellen, nachdem er einen Obdachlosen in einem Güterwaggon
getötet hat. Franke wird von einem Zug überrollt und zerteilt.
Da hilft ihm seine dämonische Konstitution auch nicht weiter. Doch Barbara
Päuse gibt Mallmann, der mittlerweile von John und Suko unterstützt
wird, mehr Probleme auf. Als die drei Freunde ihre Wohnung erreichen,
können sie gerade noch verhindern, dass sie ihren derzeitigen Freund
umbringt. Die Wertigerin entkommt und taucht unter. Es folgt ein Tag voller
polizeilicher Ermittlungen und letztlich kommen die Geisterjäger zu
der Erkenntnis, dass die Päuse wahrscheinlich nach Dortmund will, weil
sie von dort ursprünglich stammt. Damit liegen sie richtig! Barbara
Päuse - während der Tageszeit wieder als normaler Mensch auftretend
- kann sich Kleidung und Geld stehlen und schleicht in einen Intercity, dessen
Ziel Dortmund ist. Von Bahnpolizisten, die alle Züge in diese Richtung
überwachen, erhalten die Geisterjäger die Mitteilung, dass Barbara
Päuse dort gesichtet wird und sogleich nehmen sie die Verfolgung via
Hubschrauber auf, um den Zug in Osnabrück zu besteigen. Doch mittlerweile
ist es dunkel geworden und die Bestie bricht aus Barbara Päuse hervor.
Sie schlägt eiskalt und brutal zu, tötet zwei Zugbegleiter und
widmet sich dann einer Frau und einem Mann, die als Arbeitkollegen
zusammenreisen. Sie verletzt sie und bei ihnen bricht das Böse sofort
hervor. John, Suko und Will sehen sich plötzlich drei Wertigern
gegenüber und werden in ein wahres Chaos gestürzt, als eine der
Bestien auch noch die Notbremse zieht.
Meinung:
Der Titel dieses Romans stimmt den geneigten Leser ja auf eine actiongeladene
Story ein, doch dem ist nicht ganz so. Die richtige Action steigt eigentlich
erst auf den 17 Seiten, wo Barbara Päuse nach ihrer Verwandlung durch
den Intercity schleicht. Auch hier geht alles mit gezogener Handbremse
vonstatten, denn JD hat der Wertigerin die Fähigkeit des logischen Denkens
gelassen und da sie zunächst nicht auffallen will, wartet sie, bis
Osnabrück hinter dem Zug liegt und dann tötet sie auch erstmal
die beiden Zugbegleiter. Während der ersten 47 Seiten baut der Autor
seine Geschichte nach und nach auf. Wir werden Zeuge wie Stefan Franke einen
Obdachlosen tötet und selber umkommt, dann erleben wir den Mordversuch
der Päuse an Gigi Gruber (hihi) ihrem Freund mit und danach widmet sich
JD ausgiebig den Gedankengängen der fliehenden Frau, die ja wieder zum
Menschen wird und ihr Leben zu retten sucht, was irgendwie nachvollziehbar
ist. Auch wenn der Roman langsam in die Gänge kommt, ist er dennoch
von der Idee her interessant. Das reizvolle Thema: "sich in eine Werkreatur
während der Tageszeit hineinzuversetzen" wird dabei arg in die Länge
gezogen und macht den Weg frei für etwas Langeweile. Erst als es zur
Konfrontation im Zug kommt, gewinnt die Sache an Fahrt und weckt das Interesse.
Also, keine wirklich berauschende Lesekost, aber dennoch solide Unterhaltung.
Anzumerken sind aber trotzdem noch zwei Punkte, die mir auffielen. Zum einen:
Ich hatte irgendwie den Eindruck, als würden Mallmann und Kölzer
am Anfang geruhsam abwarten, bis Franke sein Opfer umgebracht hat. Also mir
kam es wirklich so vor, als hätten sie sich in aller Ruhe mit ihren
Leuten positioniert und es dabei unterlassen ein Menschenleben zu retten.
Zum anderen: Damals, 1983, hatte ich das Gefühl, als hätte JD diesen
Roman wirklich nur geschrieben, weil ihn auf der Leserbriefseite mehrfach
Leute angeschrieben haben und ihn darauf aufmerksam machten, dass da einige
"wandelnde Zeitbomben" unterwegs waren. Es kann natürlich auch sein,
dass er von vornherein vorgehabt hatte, diesen zweiten Roman als Fortsetzung
der Thematik zu schreiben. So genau weiß ich dass auch nicht.
Besonderheiten:
Die Opfer von Gerd König (aus Band
Nr. 205 "Die goldene Kralle)
werden zu Wertigern.
2 von 5 möglichen Kreuzen:

Kommentare zum Cover:
Sehr gelungen! Wirkt sehr dynamisch und weist einige nette Details auf. Nur,
als John einen der Wertiger über die Dächer des Zuges jagt, steht
das Teil auf offener Strecke. Außerdem wirkt das Gesicht des Wertigers,
wie das vom Band Nr. 205.
Es könnten sogar Zwillinge sein. Aber nichts desto trotz, ein schönes
Bild. Das verdient ...
Coverbewertung:

Rezension von
Olaf:
Kurzbeschreibung:
"Die goldene Kralle" aus Band 205 hat ihre Spuren in Deutschland hinterlassen.
Die Menschen, die damals von dem Wertiger verletzt wurden, mutieren jetzt
ebenfalls zu diesen Bestien. Zuerst ein Polizist und dann die ehemalige Freundin
von dem Wertiger - Barbara Päuse. Der erste wird schnell durch einen
Unfall mit einem fahrenden Zug vernichtet. Dann beginnt die Jagd auf Barbara
Päuse. John Sinclair, Suko und Will Mallmann müssen klassische
Polizeiermittlung leisten, um die Spur von Barbara Päuse aufzunehmen.
Diese möchte in einem Zug in ihre Heimatstadt Dortmund reisen. Im Zug
kann sie sich nicht mehr bremsen, verwandelt sich in einen Wertiger und richtet
ein Blutbad an. Können John, Suko und Will den "rollenden Sarg" noch
stoppen und noch schlimmeres verhindern?
Meinung:
Dieser Roman ist praktisch eine späte Fortsetzung von
Band 205 "Die goldene
Kralle". Es ist ein Durchschnittsroman ohne große Höhen und Tiefen.
Es wird eher beschrieben, was in einem Menschen vorgeht, wenn man sich zum
Wertiger verwandelt. Das fand ich ganz interessant, spannend ist es allerdings
nicht. Was mir nicht ganz klar war: Warum dauerte es bei dem Polizisten und
bei Barbara Päuse fast ein Jahr nach den Verletzungen durch den Wertiger,
bis sie selbst zu Wertigern werden und die beiden Fahrgäste im Zug
verwandeln sich sofort, nachdem Barbara Päuse sie verletzt hat.
Besonderheiten:
Der Fall "Die goldene Kralle" aus
Band 205 wird
fortgesetzt.
2 von 5 möglichen Kreuzen:

Kommentare zum Cover:
Klassisches Cover von Ballestar - gut gezeichnet aber trotzdem wie der Roman
eher Durchschnitt. Passt aber zur Story.
Coverbewertung: