John Sinclair Nr. 63: Sandra und ihr zweites Ich
John Sinclair Nr. 63: Sandra und ihr zweites Ich


Nebelfetzen zogen durch die kahlen Äste, die wie erstarrte Leichenfinger in den grauen Himmel ragten. Regen prasselte gegen die Fenster des alten Hauses. Die dunklen Backsteinmauern schimmerten feucht. Ein loser Fensterladen schwang im Sturm hin und her und schlug monoton gegen die Wand. Dumpf hallten die Schläge durch das Haus. In einem abgedunkeltem Zimmer kniete eine betörend schöne Frau vor einem schwarzen Altar. Ihre funkelnden Augen waren auf ein Satansstandbild gerichtet, ihre Lippen bebten. "Erscheine" flüsterte sie heiser. "Deine Dienerin Sandra fleht dich an, erscheine!" Ihr Wunsch ging auf schauerliche Weise ein Erfüllung...


von Richard Wunderer, erschienen am 18.09.1979, Titelbild: Sebastia Boada

Rezension von Tom:


Kurzbeschreibung:
Eine junge Frau namens Sandra Stanwick beschwört einen Dämon, der sie tötet. Sandras Bekannter Larry Flint findet die Leiche und ruft John Sinclair um Hilfe. Zusammen mit Suko gehen sie zu Sandras Haus, treffen aber dort auf die quicklebendige Sandra. John kommt die ganze Sache trotzdem komisch vor und beobachtet heimlich das Haus. In der Nacht wird er Zeuge, wie Sandra etwas im Garten vergräbt. Als John und Suko den Gegenstand wieder ausbuddeln, stockt John der Atem. In der Grube liegt niemand anders als die tote Sandra Stanwick. Doch wer ist ihre Doppelgängerin? Als dann auch noch Larry Flint ermordet wird und wieder auftaucht, genauso wie seine Eltern und noch einige Menschen mehr, beginnt ein mächtiges Verwirrspiel, dem John bald nicht mehr folgen kann. Was haben die Mächte der Finsternis vor?


Meinung:
Wenn man diesen Roman mit einem Wort beschreiben soll, würde ich sagen: Verwirrend. Drum schreib ich auch keine längere und ausführlichere Rezi. Würde ich auch gar nicht zusammenbringen. Richard Wunderer wollte wohl John in ein Verwirrspiel bringen, hat das aber nebenbei auch noch beim Leser geschafft. Es ist ein ständiges hin und her von einem Schauplatz zum nächsten und wieder zurück. Vor allem Jane und John. Von Sandras Haus zu Larrys Haus, wieder zurück zu Sandras Haus, dann nebenbei in Larrys Firma, dann wieder zu Larrys Haus und wieder zurück zu Sandras Haus... Und so weiter und so fort. Dabei fängt der Roman so gut an. Die Titelgebende Sandra spielt dabei nur auf ein paar Seiten mit. Ich hätte den Roman dann lieber "Larry und sein zweites Ich" genannt. Also 1 Kreuz geb ich noch für den spannenden Anfang.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:
Das Titelbild hat rein gar nichts mit dem Roman zu tun. Die Frau kann man noch als Sandra nehmen, aber da hat sich das auch schon.


Coverbewertung:
1 Kreuz


Rezension von Bloemsemann:


Kurzbeschreibung:
Mit der jungen Sandra Stanwick nimmt ein neues dämonisches Spiel seinen Anfang. Sandra beschwört eines Nachts in ihrer Villa die dunklen Mächte und hat damit letztendlich auch den gewünschten Erfolg - wenn vielleicht nicht unbedingt so, wie sie sich das tatsächlich vorgestellt hat. Ein Dämon fällt über die junge Frau her und tötet sie.
Ihr Freund Larry Flint entdeckt wenig später die übel zugerichtete Leiche und alarmiert Scotland Yard. Als John jedoch den Tatort aufsucht, treffen sie Sandra putzmunter und quicklebendig an. John traut diesem Umstand nicht so wirklich und beobachtet zusammen mit seinem Kampfgefährten Suko die Villa Stanwick. Tatsächlich werden sie Zeugen, wie die junge Frau ein verdächtiges Bündel auf ihrem Grundstück vergräbt. Zu ihrem Entsetzen handelt es sich dabei um die Leiche von Sandra Stanwick. Jetzt gibt es für die Geisterjäger kein Halten mehr. Nach einer Weile müssen sie feststellen, dass die vorangegangene Beschwörung einen Dämon freigesetzt hat, der immer wieder die Identität seiner neuesten Opfer annimmt. Somit können sich John, Suko und als weitere Mitstreiterin Jane Collins nie sicher sein, ob sie es im Endeffekt mit einem dämonischen Doppelgänger oder doch mit einem harmlosen Menschen zu tun haben.
Eine wilde und verwirrende Jagd durch London nimmt ihren Anfang. Dabei bleibt John verborgen, dass die dämonischen Mächte einen ganz speziellen Plan mit diesem Verwirrspiel verfolgen …


Meinung:
Und wieder ist Richard Wunderer zur Tat geschritten, wobei er es diesmal einigermaßen gebacken bekommt, unseren Hauptfiguren eine nicht zu befremdliche Charakterfärbung zu verpassen. Zumindest John trägt nicht mehr diese unverschämte Arroganz zur Schau, wie es bei diversen Streichen von Wunderer öfters der Fall gewesen war. Dafür verkommt unsere liebe Jane zu einem eigensinnigen und zickigen Power-Weib, was wohl nicht so ganz im Sinne Jason Darks gewesen sein dürfte. Diese kleinen Techtelmechtel mit John sind mir mit jeder weiteren Seite saurer aufgestoßen. Da wird das Blondchen einmal kurz aus den Augen gelassen - SCHWUPPS - schon ist es wieder ausgebüchst und beschwert sich auch noch lauthals, wenn sie wegen ihrer naiven lebensmüden Handlungen eine kleine Standpauke gehalten bekommt, wobei John anschließend gleich wieder einen reumütigen Rückzieher macht. Grausig! Dieser Umstand hat besonders ab der zweiten Hälfte ziemlich genervt, genauso wie Sukos Egal-Haltung zum jüngsten Verschwinden seiner Freundin; was aber auch wie so häufig an der unorganisierten Vermischung mit den Gastautor-Romanen liegt. Wunderer erwähnt nur kurz in einem unbedeutenden Nebensatz, dass Suko immer noch keine Ahnung hätte, wo denn seine Freundin Shao abgeblieben sein könnte. Na, immerhin!
Die Story und der Erzählstil geraten insbesondere ab der zweiten Hälfte kläglich aus dem Ruder, wobei auch das tatsächliche Motiv dieses seltsamen Verwirrspiels ziemlich albern konstruiert beim Leser ankommt. Irgendwie hat sich Wunderer am Anfang besser zusammengerissen; auch wenn er auf Seite 9 wieder einen für ihn typischen Knaller bringt: John sieht die Wunden an Sandras Leiche und schlussfolgert sofort: "So töteten nur Dämonen!" - wer auch sonst ?! Ich erinnere hier nur an die umgedrehten Köpfe in "Das Grauen an der Themse" (JS 49)…
Tja, und dann irgendwann sind sie mit Richard wieder durchgegangen, die Dämonen, und alles endet in einem hemmungslosen Durcheinander mit einigen holprigen Einfällen, die einem besseren 2-Kreuze-Kandidaten leider nicht mehr gerecht werden…


Besonderheiten:
Richard Wunderer hat sich mal wieder als Gastautor betätigt.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:
Eine junge Frau; gerne auch Sandra Stanwick; flieht vor ihrem dämonischen Ebenbild in der Gestalt eines Feuerwesens. Symbolisch gesehen kann man die Geschichte in diesem Cover vielleicht wieder finden, aber die altmodische Kleidung der Dame und das rustikale Gemäuer lassen dann doch arge Zweifel aufkommen…


Coverbewertung:
1 Kreuz
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Der Maler des Titelbilds Sebastian Boada hat der Frau kurzerhand ein etwas anderes Kleid verpasst und sie dann auf einem zweiten Titelbild noch einmal verwendet:

Professor Zamorra Nr. 171: Hexenreigen


Ursprünglich entstammt die Frau aber dem Cover des spanischen Comic-Magazins CREEPY Nr. 8:

CREEPY Nr. 8